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Schneckenrennen um CDU-Vorsitz

In knapp zwei Wochen entscheidet sich, wer neuer Chef der Konservativen wird. Rückblick auf einen langen Wettbewerb

Friedrich Merz hätte sich wohl nicht gedacht, dass er so schnell wieder die Chance auf das Amt des CDU-Vorsitzenden haben würde. 2018 war der 65-jährige Sauerländer gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn angetreten. Eine schlechte Rede beim Hamburger Parteitag besiegelte die Niederlage von Merz und den Sieg für Kramp-Karrenbauer. Nachdem diese am 10. Februar, nach dem Thüringer-Debakel, ihren Rücktritt vom CDU-Vorsitz ankündigte, dauerte es knapp zwei Wochen, bis Merz sich offiziell für ihre Nachfolge bewarb.

Bei einer Pressekonferenz erklärte er, »auf Sieg« spielen und für einen neuen »Aufbruch« in der CDU sorgen zu wollen. Über seinen Mitbewerber, den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, der kurz zuvor erklärt hatte, Parteivorsitzender werden zu wollen, sagte Merz, dieser stehe für »Kontinuität«, während er eine »Erneuerung« symbolisiere. Ein solcher Wettbewerb sei allerdings gut, weil er die CDU-Mitglieder vor eine Richtungsentscheidung stelle.

Schon vor Merz und Laschet hatte ein Überraschungskandidat angekündigt, CDU-Chef werden zu wollen: der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss des Bundestags und ehemalige Umweltminister Norbert Röttgen. Ihm werden allerdings nur Außenseiterchancen eingeräumt, zu sehr gilt Röttgen seit 2012 als flatterhaft. Damals war er als Spitzenkandidat zu den NRW-Landtagswahlen angetreten, wollte aber zur Sicherheit seinen Platz als Bundesumweltminister behalten. Das nahmen ihm viele in der Partei übel. Röttgen verlor die Wahl und wurde von Kanzlerin Angela Merkel als Umweltminister entlassen. Seitdem versucht er sich als Außenpolitiker, ist gern gesehener Talkshowgast, aber in der CDU nicht wirklich beliebt.

Der Wettbewerb um den Vorsitz bei den Christdemokraten hätte nach dem Willen aller Beteiligten schnell entschieden werden können. Geplant war ein Sonderparteitag am 25. April, auf dem der neue Chef gewählt werden sollte. Doch die Corona-Pandemie durchkreuzte diese Pläne. Mitte März wurde der Parteitag abgesagt. Die Vorsitzendenwahl sollte beim regulären Parteitag im Dezember nachgeholt werden. Doch auch dieses Vorhaben wurde durch die im Herbst stetig steigenden Zahlen von Corona-Infizierten gestoppt. Als das CDU-Präsidium Ende Oktober beschloss, den Parteitag noch einmal zu verschieben, tobte Friedrich Merz. Eine Verschwörung des »Establishments« sah der Sauerländer, um ihn zu verhindern und Armin Laschet Chancen zu geben, die nötigen Stimmen einzusammeln.

Laschet benötigt tatsächlich noch Unterstützer. Er gibt in der Coronakrise ein schlechtes Bild ab. Zwar steht Nordrhein-Westfalen bei den Infiziertenzahlen gar nicht so schlecht da, aber Laschet wirkt oft genervt und seine Lockerungssprüche sind bei vielen Menschen schlecht angekommen. Auch undurchsichtige Geschäfte wie der Masken- und Kitteldeal, bei dem Laschets Sohn eine Rolle gespielt hat, lassen den Ministerpräsidenten schlecht aussehen.

Im Duell um die beste Corona-Politik wirkt Laschet regelmäßig gehetzt und auf der Suche nach der größtmöglichen Abgrenzung zum bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Nötig hätte er das nicht, bei den zahlreichen Pannen, die in Bayern passieren. Aber der CSU-Vorsitzende schafft es, diese durch eine entschlossene Rhetorik zu überspielen. Auch deswegen gilt Söder neben den drei Anwärtern auf den CDU-Vorsitz als möglicher Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.

Merz, Laschet und Röttgen offenbarten bei einer Diskussionsrunde Mitte Dezember, dass die Unterschiede zwischen ihnen nicht groß sind. Laschet versuchte, sich dort als verantwortlicher Regierungspolitiker zu präsentieren. Röttgen gab den weltgewandten Außenpolitiker und Merz versuchte mit aller Kraft, Erfahrung und Wirtschaftskompetenz auszustrahlen. In bisher veröffentlichten Umfragen liegt er damit vor Röttgen und Laschet. Der NRW-Ministerpräsident nimmt regelmäßig den letzten Platz ein. Beim Digitalparteitag am 16. Januar könnte das ganz anders aussehen. In den Umfragen wurden allgemein Wähler oder CDU-Anhänger gefragt. Gewählt wird der CDU-Vorsitzende allerdings von 1001 Delegierten, die zumeist aus dem Funktionärsapparat kommen.

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