Müller macht es sich zu leicht

Meine Sicht: Rainer Rutz über die vermeintlichen Kommunikationsfehler der Schulpolitik

  • Lesedauer: 2 Min.

Ist man ernstlich gewillt, Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller zu folgen, dann handelte es sich bei dem Hin und Her in der Frage der Teilöffnungen der Schulen um einen misslichen Kommunikationsfehler. Es sei irgendwie »der Eindruck erweckt« worden, »als ob ab heute nun alle Schulen wieder öffnen sollen«, so der SPD-Politiker am Montag im Inforadio des RBB. War natürlich überhaupt nicht so gemeint, also: Schwamm drüber, jetzt ist die Ordnung ja wiederhergestellt. Ernsthaft?

Tatsächlich macht sich Müller hier einen sehr schlanken Fuß. Schließlich reden wir nicht von verkorkstem Informationsmanagement, sondern von falschen politischen Entscheidungen. Nämlich der, auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens selbst dann noch zu pfeifen, als - Überraschung! - am Mittwoch klar war, dass die Feiertage mitnichten dafür gesorgt haben, dass die Sieben-Tage-Inzidenz auch nur ansatzweise nach unten geht. Und darüber hinaus der, ausgerechnet die höheren Jahrgangsstufen zurück an die Schulbänke beordern zu wollen, jene Schüler also, die das Coronavirus besonders munter weitertragen. Was daran nun eine Kommunikationspanne gewesen sein soll, bleibt das süße Geheimnis des Regierenden Bürgermeisters.

Was nach den bildungspolitischen Chaostagen bleibt, ist die Verunsicherung vieler Lehrer und Erzieher, Eltern und Schüler, wie es bis zu den Winterferien weitergeht. Schon allein deshalb braucht es jetzt vor allem eines für die Schulen: einen verlässlichen Plan. Und dieser Plan sollte angesichts der steigenden Infektionszahlen und der neuen Virusmutation eigentlich nur zwei Punkte enthalten. Erstens: Schülern, bei denen eine Daheimbeschulung überhaupt nicht möglich ist, bekommen in Kleinst-, nicht in Kleingruppen ein pädagogisches Angebot vor Ort. Zweitens: Für alle anderen bleibt die Schule so lange dicht, bis der Inzidenzwert in Berlin unter 50 liegt.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.