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Datsche: ja, Kirche: nein, zwei Familien: ja

Senat legt neue Regeln für die Eindämmung steigender Infektionszahlen fest

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wo sich zwei Familien mit Kindern zusammenschließen, um die Betreuung zu gewährleisten, soll das auch möglich sein«, beantwortete Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Dienstag in der Senatspressekonferenz eine der drängendsten Fragen, die sich viele Eltern stellen, seit die Berliner Corona-Warnampel am Montagnachmittag auf dreifach Rot sprang. Seit Sonntag sind private Zusammenkünfte nur noch im Kreis des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Ist diese Person alleinerziehend, werden deren Kinder nicht mitgezählt. Nun soll die Regel dahingehend geändert werden, dass Kinder unter zwölf Jahren aus maximal zwei Hausständen wechselseitig von den Erwachsenen betreut werden können.

»Es muss ein fester Verbund von zwei Familien sein«, sagte Kollatz. Es gehe darum, Kitas und Grundschulen zu entlasten und Kontakte und Verkehr durch die damit einhergehenden Begegnungen zu beschränken. Eltern sollen demnach ihre Kinder nicht in die Notbetreuung schicken, auch wenn sie dazu berechtigt sind, sondern besser in dem genannten Zwei-Familien-Modell betreuen. Die Sonderregelung, nach der Kinder unter zwölf Jahren zusammen Sport treiben dürfen, sei im Übrigen in der seit Sonntag geltenden Eindämmungsverordnung gestrichen worden, ergänzte Senatssprecherin Melanie Reinsch zu dem Thema.

15-Kilometer-Regel kommt

Die nächste drängende Frage war am Dienstag, ob sich Berlin der 15-Kilometer-Regelung tatsächlich anschließen wird, die es nur in Ausnahmefällen erlaubt, das Stadtgebiet über eine Distanz von 15 Kilometern hinaus zu verlassen. Die Regelung soll voraussichtlich ab einer Zahl von 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner*innen innerhalb einer Woche gelten. Am Montag lag der Wert bei 190,8. Wenn die Regel kommt, muss der 7-Tage-Inzidenzwert unter 200 liegen, um sie wieder aufzuheben.

Kollatz, der sich in der Senatspressekonferenz zuvor ausführlich dem Jahresabschluss des Landeshaushalts gewidmet hatte, gab zu dem Punkt zunächst ausweichende Antworten - der 200er-Inzidenzwert sei zum einen noch nicht gerissen, zum anderen werde auch die entsprechende Verordnung frühestens am Freitag veröffentlicht. Er verwies zudem auf eine gemeinsame Sitzung von Senat und Brandenburger Kabinett, auf die sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller und sein Amtskollege Dietmar Woidke (beide SPD) verständigt haben und die in den kommenden zwei Wochen stattfinden soll. »Die Regel in Berlin spiegelt die Regelung in Brandenburg«, so Kollatz - wenn sie kommt, woran derzeit kaum Zweifel bestehen dürften.

Das heißt, auch bei den Ausnahmen gibt es keine wesentlichen Unterschiede: Behördengänge, Arzt-, Krankenhaus- und Schulbesuche, der Weg zum Arbeitsplatz und der Besuch von zu pflegenden Angehörigen sind weiter möglich, auch müssen die Umgangsrechte gewahrt bleiben. Kinder, Lebens- und Ehepartner*innen unterliegen der Regel also nicht. Für Einkäufe sowie den Besuch von Kirchen, Moscheen und Synagogen gilt sie allerdings sehr wohl. »Eine kleine Abbitte mit anschließendem Shopping« müsse innerhalb der 15-Kilometer-Zone stattfinden, wurde der Finanzsenator bildlich. »Es gibt ein verstehbares Bedürfnis der Menschen, nach draußen zu gehen«, zeigte er zugleich Verständnis. Die Bewegungen müssten aber minimiert werden. Eigene oder gemietete Grundstücke dürfen jedoch weiter aufgesucht werden.

Impfpflicht ist kein Thema

Auch das Thema Impfen wurde im Senat ausführlich besprochen. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hält gegenwärtig nichts von einer Impfpflicht für Pflegekräfte in Altenheimen. »Die Diskussion kommt zur Unzeit«, so die SPD-Politikerin. »Prioriät muss die Beschaffung von mehr Impfstoff haben.« Kalayci widersprach damit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der eine Debatte darüber gefordert hatte. »Wir müssen uns überlegen, ob wir für die besonders hochsensiblen Bereiche, das sind die Alten- und Pflegeheime, den Schutz besonders erhöhen«, hatte Söder am Dienstag im ZDF-»Morgenmagazin« erklärt. Wenn man höre und lese, dass sich dort nur wenige Pflegekräfte impfen lassen wollten, müsse man darüber diskutieren.

Matthias Kollatz stellte dies für Berlin etwas anders dar: »Die Pflegeheime wollen, dass der Impfstoff möglichst schnell kommt, die Krankenhäuser wollen möglichst schnell impfen. Vor diesem Hintergrund überlegen wir keinen Zwangsmoment.« Die Erstimpfungen in den Berliner Pflegeheimen sollen in den kommenden sieben Tagen abgeschlossen sein, hatte Dilek Kalayci im Senat erklärt. Mit Stand von Montag 11 Uhr waren im Land Berlin rund 32 000 von 43 875 möglichen Corona-Schutzimpfungen erfolgt. Damit hat Berlin 8,7 Impfungen pro 1000 Einwohner*innen durchgeführt - Bundesweit sind es 7,4. Zwischen dem 26. Dezember und dem 8. Januar hat Berlin laut Gesundheitsverwaltung vier Impfstofflieferungen des Herstellers Biontech/Pfizer erhalten. Für Dienstag wurde zudem die erste Lieferung des Moderna-Impfstoffes mit 2400 Impfdosen erwartet. Am 18. Januar soll Berlin die nächste Lieferung von Biontech in Höhe von mehr als 29 000 Impfdosen erhalten.

Fahrdienst zum Impfzentrum

Damit sich auch alle impfen lassen können, die das wollen, bieten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) seit Dienstag einen zusätzlichen Fahrservice zum Impfzentrum in der Arena Treptow an. Menschen mit einem Impftermin, die mit dem eigenen Pkw anreisen, können nun mit Kleinbussen der BVG vom Parkhaus des Einkaufszentrums »Park-Center« an der Elsenstraße, Ecke Puschkinallee zum Impfzentrum fahren. Das teilte die BVG am Dienstag mit. Der Platz im Parkhaus kostet einen Euro für drei Stunden. Direkt am Impfzentrum gibt es keine Parklätze.

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