An Dr. Kohl erinnern

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Als es in Deutschland im Winter noch Schnee gab, war Helmut Kohl die Macht. Auf dem Bild ist er gerade im Urlaub, mit Ehefrau Hannelore 1978 in Oberstdorf. Er galt als lächerliche Figur, die komisch guckte und sprach, über die sich von links wie von rechts lustig gemacht wurde. Für »Titanic« war er »Birne«, für Franz Josef Strauß war er »total unfähig«. Aber dann war er fast ewig Bundeskanzler. Und noch länger Chef der CDU, von 1973 bis 1998. Können das Laschet, Merz oder Röttgen auch? Dagegen spricht, dass sich zu wenig über sie lustig gemacht wird. Anscheinend fehlt es ihnen dafür an Persönlichkeit.

Auch Angela Merkel galt als lächerlich, Kohl hat sie gleichermaßen gefördert wie verachtet. Zur Strafe hat sie ihn für alle Zeiten abgesägt. Dabei hat er doch soviel ausgesessen. Ein Sitzriese, der wie später auch Merkel seine innenparteilichen Gegner wegräumte. Kampfabstimmungen um den Bundesvorsitz der CDU hat es bei den beiden nie gegeben. Das spricht auch nicht für Laschet, Merz oder Röttgen.

Kohl hatte ein Adressbuch, mit dem er Kleinstadtbürgermeister und Kreisvorstände anrief, um die Stimmung an der Basis zu peilen. Bei ihm gab es keine Kriege und keine Demontage des Sozialstaats. Die Reichen mussten noch mehr Steuern zahlen. Es gab Arbeitslosenhilfe statt Hartz IV. Hätte er nicht die DDR zerstört, in der Bildungspolitik einen konservativen Backlash bewirkt und die Krankenhäuser kommerzialisiert - man müsste ihn einen Mann des Ausgleichs nennen. Zum Schluss schien es so, als sei er schon immer da gewesen, wie die Sonne, der Mond und die Strickjacke, die er so gerne anzog. Das ist ein weiter Weg für den nächsten Vorsitzenden der CDU. cm

Foto: akg/picture alliance

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