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Rechte Netzwerke aufklären!
Johanna Treblin über das Urteil im Mordprozess Walter Lübcke
Es war der erste rechts motivierte Mord an einem Politiker in der Bundesrepublik. Und nun steht das Urteil: Stephan Ernst wurde für den Mord an Walter Lübcke zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Kamerad, der Mitangeklagte Markus H., wurde von der Beihilfe zum Mord freigesprochen. Nicht verurteilt wurde Ernst wegen des Messerangriffs auf Ahmed I. All das war zu erwarten. Und doch bleibt man unbefriedigt zurück.
Ernst ist seit Jahrzehnten in der extrem rechten Szene in Kassel verwurzelt. Er war in rechte Strukturen eingebunden, wo Gleichgesinnte seine menschenverachtende Weltsicht teilten. Aus diesen Verbindungen zog er Bestätigung und Mut, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln: Angriffe auf Teilnehmer einer Demonstration, möglicherweise auf einen Flüchtling und dann der Mord an Lübcke. Stephan Ernst wurde als Einzeltäter verurteilt, doch spricht einiges dafür, dass zumindest Markus H. an der Tat beteiligt war.
Das wurde nicht aufgeklärt. Und obwohl Ernst in Vernehmungen immer wieder Angaben zu Neonazis machte: Im Prozess spielten sie kaum eine Rolle. Der Vorsitzende Richter erklärte am Donnerstag: »Es kam nicht darauf an, rechtsradikale Netzwerke aufzudecken.« Doch wo, wenn nicht in einem Gerichtsverfahren um einen rechts motivierten Mord sollen die Netzwerke, die zu diesem geführt haben, aufgeklärt werden?
Man hätte schon etwas mehr Aufklärungswillen erwartet. Was muss eigentlich noch passieren, bis die Gefahr von rechts endlich ernst genommen wird?
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