Impfstoff-Kühlboxen aus dem Osten

Corona sorgt für Sonderschichten bei Schaumaplast in Nossen

  • Christiane Raatz
  • Lesedauer: 3 Min.

In einer großen Halle der Firma Schau-maplast arbeiten die Roboter im Sekundentakt, Maschinen spucken Styroporteile in verschiedenen Formen und Farben aus. Daraus entstehen unscheinbare graue Boxen, hinter denen sich Hightech verbirgt: In den Isolierbehältern kann der Covid-19-Impfstoff transportiert werden.

Es gibt Varianten von einer kleinen Box bis hin zu einem riesigen Behälter, der eine ganze Europalette aufnehmen kann. »Diese bietet sich an, um Impfstoffe in großen Mengen in entlegene Regionen der Welt zu transportieren«, sagt der Geschäftsführer von Schaumaplast Sachsen in Nossen bei Dresden, Toni Küttner. Die Nachfragen kämen »Schlag auf Schlag«. Seit Sommer 2020 tüftelten Experten daran, die Systeme an die Anforderungen für Corona-Impfstoffe anzupassen. Nicht einfach, denn das Vakzin von Biontech muss bei minus 70 Grad gekühlt werden. Dafür wird Trockeneis in die Isolierbehälter gefüllt, das den Inhalt mindestens fünf Tage kühlt. Die Boxen aus speziellem Schaumstoff funktionieren auch mit im Haus entwickelten Kühlakkus, um über 120 Stunden lang die Temperatur auf zwei bis acht Grad zu halten. Diesen Bereich braucht der Impfstoff, wenn er einmal aufgetaut ist.

Seit Dezember hat das Unternehmen zwischen 3000 und 4000 Spezialbehälter ausgeliefert - nach ganz Europa. Dafür wurden Sonderschichten gefahren. Insgesamt werden in Sachsen rund 400 000 Isolierbehälter pro Jahr hergestellt, berichtet Küttner. 80 Mitarbeiter sind in Nossen beschäftigt, eine Erweiterung ist geplant. Mit Corona hat es eine leichte Verschiebung gegeben: mehr Verpackungen für Pharmaprodukte, weniger Lieferungen an die Automobilindustrie.

Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen geht davon aus, dass etwa ein halbes Dutzend Firmen bundesweit in dem Bereich aktiv ist. Dazu gehören auch Storopack aus Metzingen (Baden-Württemberg) und Ohlro Hartschaum aus Strausberg bei Berlin. Transportlösungen mit Isolierfunktion seien derzeit besonders gefragt, so Verbandssprecherin Mara Hancker. Sie verweist auf eine Studie von DHL und McKinsey: Für den Versand von weltweit zehn Milliarden Impfstoff-Einheiten müssen 15 Millionen Kühlboxen in 15 000 Frachtflügen transportiert werden. Hinzu kommt die Verteilung vor Ort bis in die Impfzentren, Krankenhäuser oder Pflegeheime - die letzte Meile.

Das Material für Isolierboxen besteht vorwiegend aus Styropor, das wenig umweltfreundlich und schwer recycelbar ist. Der Branchenverband hält dagegen, ohne Kunststoff wäre eine Versorgung auf heutigem Niveau nicht denk- und bezahlbar.

Allerdings tüfteln Forscher des Instituts für Naturstofftechnik der TU Dresden an einer Alternative. Dafür wird Altpapier mit Hilfe eines speziellen Trocknungsprozesses so aufbereitet, dass Fasermatten mit Isoliereigenschaften entstehen. Diese kommen bereits als recycelbare Kühlboxen auf Festivals zum Einsatz und werden in größerer Stückzahl produziert, erklärt Projektleiter Thomas Schrinner. Grundsätzlich seien die Boxen aber auch denkbar für den Transport von Medikamenten - oder eben Impfstoff. dpa/nd

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