Werbung

Eiskalt erwischt

Berlins größtes Obdachlosencamp überfallartig geräumt - angeblich wegen Kälte

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Schneefall, eisiger Ostwind, bittere Kälte: Der Wintereinbruch hat - wie vorausgesagt - am Wochenende zunächst die Mitte, dann den Norden Deutschlands erreicht. Die Nachricht, dass es frostig werden würde, scheint im Berliner Bezirk Lichtenberg jedoch später angekommen zu sein als in anderen Teilen der Republik. In der Nacht zum Samstag ließ der Bezirk das größte Obdachlosencamp der Stadt an der Rummelsburger Bucht kurzfristig räumen - überraschend für die rund 100 Bewohnerinnen und Bewohner. »Wegen des Wetters ist die Lage sehr bedrohlich, wir können nicht mehr gewährleisten, dass Leib und Leben für die Menschen hier gesichert sind«, hatte der stellvertretende Bürgermeister von Berlin-Lichtenberg, Kevin Hönicke (SPD), zuvor gesagt.

Tatsächlich sollen die Menschen zunächst in Hostels untergebracht werden. Dass sie jedoch bei höheren Temperaturen auf die Brache beim Ostkreuz zurückkehren können, bezweifeln wohl nicht nur jene Linke, die am Samstag gegen die überfallartige Räumung des Camps protestierten. »Die Räumung spielt den Eigentümern jetzt natürlich in die Hände«, sagte eine Aktivistin dem »nd«. Das Gelände ist in Privatbesitz, und genau an der Stelle des Camps ist der Bau des Aquariums »Coral World« vorgesehen. Ein Bauantrag liegt jedoch noch nicht vor. Für Sonntagabend wurde zu einer Demonstration unter dem Motto »Krieg den Palästen! Friede den Hütten!« in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain aufgerufen.

In Hamburg stellt die Sozialbehörde derweil Obdachlosen 35 Einzelzimmer zur Verfügung, die innerhalb kurzer Zeit vergeben waren. Was wiederum zeigt, dass der Bedarf an solchen Unterkünften deutlich höher sein dürfte. Und das nicht nur in der vielleicht kältesten Woche des Winters, die gerade erst angefangen hat. Berlin hat seine Notübernachtungsplätze für Obdachlose deshalb auf 1426 aufgestockt - so viele wie noch nie. Darunter sind auch Zimmer in Hostels: Im »Sezer Hotel« in Treptow-Köpenick stehen 70 Plätze bereit, in der Pension Reiter in Friedrichshain 40 und im Hostel »Pfefferbett« in Pankow 90 Plätze.

+++++++

In einer ersten Version stand an dieser Stelle, dass Hamburg im Gegensatz zu Berlin Obdachlosen Einzelzimmer zur Verfügung stellt. Die entsprechende Passage haben wir mit aktuellen Zahlen aus Berlin ergänzt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal