Neuer Linke-Anlauf für kommunale S-Bahn

Auch Grünen-Bundestagsfraktion will Direktvergabe des Betriebs statt Ausschreibung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linke im Abgeordnetenhaus startet einen neuen Anlauf, um die Berliner S-Bahn doch noch unter kommunale Kontrolle zu bekommen. »Der Senat wird aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass dem Land Berlin die Übernahme der S-Bahn Berlin GmbH ermöglicht wird, damit eine Direktvergabe der S-Bahn-Netze Nord-Süd und Stadtbahn erfolgen kann«, so lautet der schlichte Satz in einem »nd« vorliegenden Antrag der Fraktion. Beschlossen wurde er im Februar, nun liegt er den Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen vor.

Eisenbahnexperten und Politiker von SPD und Linke fürchten durch die laufende Ausschreibung eine Zersplitterung des Betriebs, sollten bei der Ausschreibung Konkurrenten der S-Bahn zum Zuge kommen. Das System sei »extrem komplex und hat eigene, teilweise sehr spezielle Anforderungen«, heißt es in der Begründung des Linke-Antrags. Verhandlungen mit der Bundesregierung und der Deutschen Bahn sollten die Möglichkeit eröffnen, »dass das Land Berlin über eine vollständige Übernahme oder eine Mehrheitsbeteiligung eine Direktvergabe von Leistungen an das Unternehmen S-Bahn Berlin GmbH umsetzen kann«, heißt es weiter. Damit könnten »die Gefahren für den reibungslosen Betrieb und die Konkurrenz der Wettbewerber auf dem Rücken der Beschäftigten durch eine Ausschreibung in verschiedenen Losen« ausgeschlossen werden.

Unerwartete Schützenhilfe für den Vorstoß der Linke gibt es von der Bundestagsfraktion der Grünen. »Zusammenhängende Netze sollten von einem Verkehrsunternehmen erbracht werden«, heißt es in einem Beschluss vom Dezember 2020. Insbesondere die klassischen S-Bahn-Systeme in Berlin oder Hamburg seien extrem komplex und haben eigene, teilweise sehr spezielle Anforderungen. »Nur für solche Systeme sehen wir die Möglichkeit, den Ländern über eine Mehrheitsbeteiligung an den ausführenden Unternehmen die Direktvergaben zu ermöglichen«, schreiben die Bundestags-Grünen.

»Es ist ein ermutigendes Signal, dass die Bundestagsfraktion der Grünen unsere Auffassung teilt«, sagt Kristian Ronneburg, Verkehrsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zu »nd«. »Wir werden nun mit den Grünen und der SPD Gespräche führen, um den Senat mit dem Auftrag auszustatten mit der Bahn und dem Bund als ihrem Eigentümer in Verhandlungen zur Übernahme der S-Bahn Berlin GmbH einzutreten«, erklärt Ronneburg.

Pikant ist die Auffassung der Bundestags-Grünen, weil erst am Donnerstag bei der Sitzung des Verkehrsausschusses der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Harald Moritz, erklärt hatte: »Schnittstellen werden vorhanden sein, sie sind aber auch heute vorhanden, allerdings eher innerhalb des DB-Konzerns. Das ist glaube ich nicht wirklich ein entscheidendes Kriterium.« Diese Linie vertritt auch Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). Damit stehen sie, wie mehrfach berichtet, recht einsam da.

Mit den Stimmen der Koalition, der CDU der FDP und bei Enthaltung der AfD stimmte am Donnerstag der Verkehrsausschuss dem »Gesetz über die Errichtung einer Landesanstalt Schienenfahrzeuge Berlin« zu. Endgültig beschlossen werden muss es noch im Plenum des Abgeordnetenhauses. Es ist eine Reaktion auf das Problem, dass Ausschreibungen für den Betrieb von Bahnnetzen maximal 15 Jahre laufen, Fahrzeuge in der Regel aber auf 30 Jahre Haltbarkeit ausgelegt sind. »Damit ist eine Lösung gefunden worden, die aus unserer Sicht sinnvoll ist«, erklärte sogar Henner Schmidt, infrastrukturpolitischer Sprecher der FDP bei der Aussprache.

SPD, Linke und Grüne stellten mit einem Änderungsantrag klar, dass der Wartung und Bereitstellung der Züge auch durch ein Landesunternehmen erbracht werden können. »Dieses Gesetz ist in keiner Weise ein Präjudiz, wie die Ausschreibung ausgehen wird«, erklärte Linke-Politiker Ronneburg.

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