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  • Politik
  • Internationaler Frauentag

Käfig aus Stahl

Frauen in den Golfstaaten, die standesunabhängig ihre Rechte einfordern, leben gefährlich

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 4 Min.

Ob im Radio oder auf dem Titelblatt der Zeitung: Bereits vor dem Internationalen Frauentag am 8. März steht in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Frau im Mittelpunkt. Auf dem arabischsprachigen Radiosender Sky Arabia laufen Interviews mit Sportlerinnen. Dort wirbt man etwa für Kampfsport, welcher »die Gesundheit, aber auch das Selbstvertrauen der Frau steigert, in dem sie lernt, sich gegen Männer zu verteidigen«, so die Moderatorin. Auf dem Titelblatt der englischsprachigen Zeitung »The National« ist eine junge Frau mit Minirock, hohen Absätzen und einem T-Shirt mit der Aufschrift »Unite Women« zu sehen, die »Gulf News« stellt Frauen vor, die sich in der von Männern dominierten Filmbranche durchgesetzt haben - als Produzentinnen, wohl gemerkt. Das war vor ein paar Jahren noch undenkbar. Die Region ist im Wandel, auch was Frauenrechte anbelangt. Von der Politik über die Wirtschaft hin zur Kunst, immer mehr Frauen nehmen führende und zentrale Rollen ein. Seit Februar 2020 ist mit Hafsa Al Ulama auch die Botschafterin der Vereinigten Arabischen Emirate in Berlin eine Frau, zuvor war sie die erste Vorsitzende der Abu Dhabi Citibank.

Doch die Erfolgsnachrichten haben auch eine Kehrseite. Andere Meldungen, die viel wichtiger sind, schaffen es nicht in die örtliche Zeitung. Ein prominentes Beispiel: Prinzessin Latifa, die Tochter von Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Milliardär und Herrscher über das Emirat Dubai, bekannt für extravagante Bauten wie das höchste Gebäude der Welt und für eine klimatisierte Skipiste mitten in die Wüste. »Ich habe das Land seit 2000 nicht mehr verlassen. Ich habe viel darum gebeten, einfach zu reisen, zu studieren, etwas Normales zu tun. Sie lassen mich nicht. Ich muss gehen.« Diese Worte nahm Prinzessin Latifa 2018 auf, bevor sie sich auf die spektakuläre Flucht aus ihrem goldenen Käfig begab. Doch die Luxusjacht, auf der sie floh, wurde 30 Meilen vor der indischen Küste von maskierten Männern mit Sturmgewehren gestürmt. »Man hat mich mit einer Spritze betäubt.« Sie sei auf einem Schiff des indischen Militärs aufgewacht, das sie zurück in ihre Heimat bringen sollte, so die Prinzessin. »Jeden Tag mache ich mir Sorgen um meine Sicherheit und mein Leben. Die Polizei hat mir gedroht, dass ich mein ganzes Leben im Gefängnis verbringen werde und nie die Sonne sehen kann.«

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Fakt ist: Wer die Emanzipation außerhalb des staatlich festgelegten Fahrplans vorantreibt, bekommt Schwierigkeiten. Wie das konkret aussieht, kann man im Nachbarland Saudi-Arabien am Fall Loujain al-Hathloul sehen. Weil die heute 31-Jährige sich gegen die rechtliche Vormundschaft durch Männer und das Fahrverbot für Frauen einsetzte, wurde sie im Mai 2018 von saudischen Sicherheitsbehörden entführt. Als ihre Verhaftung und die weiterer Aktivistinnen für einen internationalen Aufschrei sorgte, erlaubte man in Saudi-Arabien kurzerhand Frauen das Autofahren - als letztes Land der Welt. Doch al-Hathloul blieb im Gefängnis, wo sie laut eigenen Angaben unter Folter zu einem Geständnis gezwungen wurde. Seit Februar 2021 ist sie auf freiem Fuß - darf jedoch das Land nicht verlassen.

Für Frauen wie Prinzessin Latifa, die entgegen dem Wunsch ihrer Familie die individuelle Freiheit suchen, sind die Golfstaaten ein Käfig aus Gold. Für Frauen wie al-Hathloul, die sich gegen die gesamte Politik des Staates auflehnen, sind sie ein Käfig aus Stahl. Doch man darf nicht vergessen: Die überwiegende Mehrheit der Frauen am Golf sind keine Staatsbürgerinnen, sondern Arbeitsmigrantinnen. Sie kommen oft aus armen Ländern wie den Philippinen oder Bangladesch. Mit dem Leben der meisten Golffrauen, deren Freiheit zwar begrenzt ist, die aber materiellen Wohlstand genießen, oder den Europäerinnen, die sich im Bikini an den Stränden Dubais tummeln, haben sie nichts zu tun. Durch ihre Arbeit als Hausangestellte versorgen sie ihre Familien in der Heimat. Diese Abhängigkeit weiß man auszunutzen. Vielen wird vom Arbeitgeber der Pass weggenommen, als Pfand. Wie Sklaven behandelt, sind viele häuslicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. Der letzte offizielle Sklavenmarkt der Welt befand sich im Übrigen bis in die 1950er Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sich zu wehren, schaffen die wenigsten dieser Frauen. Dass die überwiegende Mehrheit der Fälle undokumentiert bleibt, ist anzunehmen.

Einer, der es im Golfstaat Kuwait in die Zeitung geschafft hat, wurde so erzählt: Ein Löwe, der auf dem Anwesen eines reichen kuwaitischen Offiziers als Haustier gehalten wurde, fiel die Bedienstete aus den Philippinen an, sie starb. Der Offizier transportierte die Raubkatze und seine tote Angestellte in die Wüste und verbrannte sie.

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