+++ Söder: Abgeordnete in Maskenaffäre sollen Mandate abgeben und spenden +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 8. März 2021: +++ Länder lockern Corona-Auflagen +++ Unicef: Pandemie erhöht Risiko von Kinderehen +++

  • Lesedauer: 6 Min.

+++ Länder lockern Corona-Auflagen +++

Berlin. Für viele Menschen in Deutschland wird das Leben in der Corona-Pandemie wieder etwas einfacher. Obwohl die Infektionszahlen in vielen Regionen steigen, werden in den meisten Bundesländern an diesem Montag weitere Corona-Regeln gelockert - allerdings nur vorsichtig und Schritt für Schritt. Parallel dazu soll mehr getestet werden. Geplant ist, dass der Bund nun allen Bürgern mindestens einen Schnelltest pro Woche bezahlt. Das hatten Bund und Länder bei ihrem jüngsten Treffen am Mittwoch vereinbart.

Tatsächlich sind die Tests an diesem Montag aber noch nicht überall durchgängig verfügbar. Aus der Opposition, aber auch aus der Koalition wurde Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) deshalb mangelhafte Vorbereitung vorgeworfen. Der wies die Kritik zurück und betonte am Wochenende, es sei nie vereinbart worden, dass der Bund die Tests beschaffe. »Was vereinbart war, ist, dass wir mithelfen, dass sie zugänglich sind, dass sie verfügbar sind.«

Für die Bereitstellung der Schnelltests sind die Bundesländer verantwortlich. Gleichzeitig kommen in dieser Woche auch immer mehr Laien-Selbsttests zur Anwendung Zuhause in den Einzelhandel. Bei den Schnelltests führt geschultes Personal - etwa in Apotheken oder Testzentren - Wattestäbchen tief in die Nase oder den Rachen ein. Bei den Selbsttests wird die Probe nicht ganz so tief aus der Nase entnommen, dies kann man selbst machen.

Die Discounter Aldi und Lidl boten erste Selbsttest schon am Samstag an, Lidl allerdings nur online. Bei Aldi waren die Tests innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, bei Lidl brach zwischenzeitlich die Internetseite zusammen. Auch die Supermärkte von Rewe und Edeka wollen bald mit dem Verkauf beginnen. Die Drogeriemarkt-Ketten Rossmann und dm planen den Start für Dienstag. Apotheken wollen die Laien-Selbsttests ebenfalls anbieten.

Die Lockerung von Corona-Regeln ist nicht unumstritten. Bund und Länder hatten vergangene Woche eine Öffnungsstrategie in fünf Schritten beschlossen, aber auch mit einer eingebauten Notbremse, falls einzelne Lockerungen zu einem starken Anstieg der Neuinfektionen in einer Region führen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet damit, dass die Notbremse schon bald nötig wird. Wegen der Ausbreitung der ansteckenderen Virus-Varianten würden die Fallzahlen in den nächsten Wochen stetig steigen, warnte er in der ARD-Sendung »Anne Will«. Er erwarte, dass die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche, Anfang April wieder über 100 liegen werde. »Dann ist die Mutation so weit verbreitet, dass es eine ganz neue Dynamik gibt.«

Zunächst sind nur vorsichtige Öffnungsschritte geplant. So sind in den meisten Bundesländern jetzt wieder private Zusammenkünfte des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt erlaubt, beschränkt auf maximal fünf Personen plus Kinder. Sachsen-Anhalt geht darüber hinaus, hier dürfen sich die Mitglieder eines Haushalts mit maximal fünf Menschen eines zweiten treffen.

Zugleich dürfen vielerorts zum Beispiel Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte wieder öffnen, soweit sie nicht ohnehin schon offen waren. Der Einzelhandel darf in den meisten Bundesländern Shopping-Termine für eine begrenzte Zahl von Kunden vergeben, in einigen Regionen mit weniger als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner und Woche (Sieben-Tage-Inzidenz) kann der Handel unter Umständen auch ohne Terminvergabe öffnen.

Ähnliche Regelungen wie beim Einkaufen gelten auch für die Öffnung von Museen und Galerien. Auch für kontaktfreien Sport im Freien sind Lockerungen vorgesehen. Das Hochinzidenzland Thüringen macht bei den Lockerungen für Handel, Kultur und Sport vorerst noch nicht mit, weil es noch einen Inzidenzwert von 132 hat (Stand Sonntag).

+++ Söder: Abgeordnete sollen Mandate abgeben und spenden +++

Berlin. In der Affäre um Provisionen von Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Betroffenen aufgefordert, ihre Mandate zurückzugeben. Neben der Abgabe von Ämtern wäre es auch konsequent, die Mandate abzugeben, sagte der CSU-Chef am Montag im »ZDF«-Morgenmagazin.

Die Eindämmung des Coronavirus und die zweite Welle

Ein wichtiges Signal wäre ferner, Geld, dass mit diesen Geschäften verdient worden sei, zurückzugeben und zu spenden, um hier auch »moralisch« reinen Tisch zu machen. Im CSU-Präsidium werde man sich am Montagnachmittag darüber unterhalten, welche »parteilichen Konsequenzen« das haben müsse, fügte Söder hinzu. Die CSU habe einen klaren Verhaltenskodex vor einigen Jahren aufgestellt. Auch dagegen sei klar verstoßen worden.

Die Abgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Masken-Geschäften kassiert haben. Beide haben ihren Austritt aus der Unionsfraktion erklärt, wollen ihr Mandat aber behalten, obwohl Partei- und Fraktionsführung den Rückzug verlangen. In der Krise zu helfen sei gut, damit »groß Kasse« zu machen aber nicht, betonte Söder. Insgesamt sei durch dieses Verhalten ein großer Schaden entstanden.

+++ Mehr als 10.000 Eilverfahren und Klagen wegen Corona +++

Osnabrück. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes sind im vergangenen Jahr bei deutschen Gerichten mehr als 10.000 Eilverfahren und Klagen gegen Corona-Auflagen eingegangen. »Die Gerichte haben Maßnahmen des Infektionsschutzes inzwischen in Tausenden Verfahren überprüft und nötigenfalls korrigiert«, sagte der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn, der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Montag). Ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen zeichne sich auch in diesem Jahr an vielen Gerichten bislang nicht ab.

»Zum größten Teil haben die Gerichte die angegriffenen Corona-Beschränkungen bislang bestätigt«, sagte Rebehn. Eine Quote zum Ausgang der Verfahren hat der Richterbund nicht ermittelt.

+++ Müller: Corona wirft Gleichberechtigung um Jahre zurück +++

Berlin. Die Coronakrise wirft die Gleichberechtigung der Frauen nach Einschätzung von Entwicklungsminister Gerd Müller weltweit um Jahre zurück. Frauen und die Ärmsten hätten als erste ihre Jobs verloren, warnte der CSU-Politiker am Montag zum Weltfrauentag.

»Die dramatische weltweite Hunger- und Wirtschaftskrise führt auch dazu, dass schätzungsweise 13 Millionen Mädchen zu Früh- oder Zwangsheiraten gedrängt werden. Durch die Lockdowns steigt zudem die häusliche und sexuelle Gewalt«, so Müller. Die Teilhabe von Frauen am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben zu stärken sei der beste Weg, den Wiederaufbau nach der Coronakrise anzugehen.

+++ Unicef: Pandemie erhöht Risiko von Kinderehen +++

Covid-19: Wie weit bis zu weniger scharfen Maßnahmen* in den Landkreisen?

Washington. Die Verwerfungen der Corona-Pandemie erhöhen nach Einschätzung von Unicef für Millionen Mädchen weltweit das Risiko von Kinderehen. »Covid-19 hat eine bereits für Millionen Mädchen schwierige Situation noch verschärft«, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung des UN-Kinderhilfswerks. Demnach könnte bis zum Ende des Jahrzehnts die Zahl der Kinderehen weltweit noch einmal um weitere zehn Millionen steigen.

Schulschließungen, wirtschaftlicher Druck, das Zusammenbrechen der öffentlichen Dienste und der Tod der Eltern als Folgen der Pandemie führten dazu, dass »die verletzlichsten Mädchen einem erhöhten Risiko der Kinderehe ausgesetzt sind«, hieß es in der Erklärung. Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore forderte ein Gegensteuern und insbesondere eine baldige Öffnung der Schulen. »Wir können und wir müssen den Kinderehen ein Ende setzen«, sagte Fore.

Die Pandemie droht auch den im vergangenen Jahrzehnt erzielten Rückgang bei den Kinderehen wieder zunichte zu machen. Derzeit leben laut Unicef weltweit 650 Millionen Frauen in Ehen, die sie vor ihrem 18. Lebensjahr eingehen mussten. Die Hälfte dieser Kinderehen wurden in fünf Ländern registriert: Bangladesch, Brasilien, Äthiopien, Indien und Nigeria. Agenturen/nd

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