Widerlicher Vergleich

Die Junge Union betreibt in den Sozialen Medien Holocaust-Relativierung

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass in der Jungen Union (JU) keine Verfechter*innen - pardon Verfechter - des Gendersternchens zu finden sind, ist kein Geheimnis. Im Kampf gegen eine geschlechtergerechte Sprache hat die Widerlichkeit des konservativen Nachwuchses nun aber eine neue Dimension erreicht: »Die Freiheit des Denkens stirbt mit dem Zwang zum Stern«, verkündete die JU am Mittwoch über ihre Kanäle in den Sozialen Medien.

Freiheit. Denken. Sterben. Zwang zum Stern. Weckt schlimme Assoziationen, nicht wahr?

An den Holocaust und den gelben Stern, den die Nationalsozialisten als Zwangskennzeichnung für Jüd*innen einführten, wollen die Halbstarken der CDU/CSU dabei aber nicht gedacht haben. Jaja, schon klar. Im Posting geht es dann auch um das Gendersternchen, das angeblich nicht mit der Freiheit des Denken vereinbar sei.

Okaaaaay? Wer nicht gendern will, wird in Deutschland heute also genauso entrechtet und verfolgt wie die Jüd*innen damals im Deutschen Reich?

Dass ein solcher Vergleich faktisch natürlich falsch ist, dürfte wohl auch die JU wissen. Dafür, mit dieser Holocaust-Relativierung zu provozieren, waren sich die Konservativen aber dennoch nicht zu schade. Hauptsache ein bisschen Stimmung machen gegen die linke Sprachpolizei.

Natürlich stieß der geschmacklose Vergleich auch in den Sozialen Medien schnell auf Gegenwind. Nach einem zweistündigen Shitstorm reagierte die JU schließlich und änderte den Post in: »Die Freiheit des Denkens stirbt mit dem Zwang zum Gendersternchen.«

In einem Kommentar beteuerte sie außerdem, den Post nicht antisemitisch gemeint zu haben: »In einer älteren Version dieses Postings entstanden durch eine Wortwahl in der Grafik falsche Assoziationen. Daher haben wir den Post gelöscht. Wir bitten die entstandenen Irritationen zu entschuldigen.«

Irritationen und falsche Assoziationen? Für den ekelhaften Post gibt es doch eigentlich nur zwei Erklärungen:

1) Der implizite Vergleich war Absicht. Die jungen Konservativen sprechen auch sonst vom Gendersternchen. Nicht vom Stern. Zu behaupten, nicht gewusst zu haben, wie der Satz wirkt, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern erinnert auch an die allzeit beliebte Taktik der AfD: provozieren, relativieren, dementieren. Die Masche hat Methode.

2) Es war tatsächlich ein Versehen, und der Satz hat bei der JU keinerlei Assoziationen geweckt. Dann aber wäre es wohl dringend an der Zeit, dass sich der konservative Nachwuchs mal mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal