Kräftige Erholung nach Corona

Forschungsinstitute erwarten Wachstum von 3,7 Prozent noch in diesem Jahr

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Corona, der lange Winter und die geringe Kauflust der Verbraucher haben der deutschen Wirtschaft den Jahresauftakt verhagelt. »Die Wirtschaftsleistung dürfte im ersten Quartal um 1,8 Prozent gesunken sein«, sagte Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Das tut dem Optimismus der Forschungsinstitute jedoch keinen Abbruch. In ihrem Frühjahrsgutachten prognostizieren sie einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 3,7 Prozent im laufenden und um 3,9 Prozent im kommenden Jahr.

Der erneute Lockdown seit November verzögere zwar die Erholung, aber sobald die Infektionsgefahr vor allem durch das Impfen gebannt sein werde, dürfte »eine kräftige Erholung« einsetzen, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz der sechs beteiligten Institute. »Etwa zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft dann zur Normalauslastung zurückkehren.« Allerdings wird die offizielle Arbeitslosenquote erst 2022 wieder auf das Vor-Corona-Niveau von 5,2 Prozent fallen.

Im Vergleich zum Herbstgutachten fällt damit die Prognose für 2021 um einen Prozentpunkt niedriger aus. Allerdings fiel auch das Minus für das vergangene Jahr geringer aus als befürchtet. Im Herbstgutachten war noch ein Rückgang des BIP um 5,4 Prozent vorausgesagt worden. Real blieb er mit 4,9 Prozent deutlich niedriger.

Ein noch größeres Minus hätten die Europäische Zentralbank mit ihrer Niedrigzinspolitik und der Staat mit seinen Corona-Hilfen verhindert. Insgesamt hat allein der Bund mehr als eine Billion Euro zugesagt. Die Mittel sind noch nicht alle abgeflossen und dürften im Sommerhalbjahr die Wirtschaft beflügeln. Dazu komme eine »aufgestaute Kaufkraft« der Verbraucher von über 200 Milliarden Euro.

Eine Insolvenzwelle, wie oft befürchtet, erwarten die Konjunkturforscher nicht. Allerdings müsste der Staat vom Gießkannenprinzip wegkommen und die Zielgenauigkeit seiner Hilfen erhöhen. So seien Teile des Einzelhandels, kleine Firmen und Solo-Selbstständige zu kurz gekommen oder erst spät in Hilfsprogramme eingebunden worden.

Gleichzeitig sei der normale Strukturwandel durch die Corona-Hilfen von Bund und Ländern aufgehalten worden. In diesem Zusammenhang packen die Ökonomen in ihrer 86-seitigen Gemeinschaftsdiagnose durchaus heiße Eisen an. So sinke das »Potenzialwachstum«, also der mögliche Zuwachs an Bruttoinlandsprodukt bei vollständiger Auslastung der vorhandenen Kapazitäten. Schuld sei aber nicht Corona, sondern die demografische Entwicklung: Bereits 2030 verlassen mehr Rentner den Arbeitsmarkt als junge Leute nachkommen. Dem müsse sich die Politik endlich stellen.

Aktuell trage die Weltwirtschaft entscheidend zur Erholung bei, betonte Klaus Weyerstraß vom Institut für Höhere Studien in Wien. »Zugpferde« seien vor allem China und die USA. Dies begünstige aber eine Zweiteilung der deutschen Wirtschaft. Während in Handel und Dienstleistung viele Firmen ums Überleben kämpfen, erwartet der Bundesverband der Deutschen Industrie für die Industrieproduktion 2021 ein kräftiges Plus von acht Prozent. Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt. Am Frühjahrsgutachten wirkten das DIW Berlin, das Ifo-Institut in München, das Kieler Weltwirtschaftsinstitut und das IfW Halle mit..

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