Biden ändert Kurs von Trump nur langsam

Der neue US-Präsident will Migration liberaler begrenzen

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Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) verklagte die US-Regierung Donald Trumps, als diese im Januar 2019 internationales Asylrecht außer Kraft setzte. Seit 1948 ist es im Artikel 14 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert: »Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.«

Auch Trumps Nachfolger Joe Biden steht in der Kritik: Mehr als zwei Dutzend Abgeordnete aus seiner eigenen Partei unterschrieben einen offenen Brief an Biden, der ihn zum Kurswechsel aufforderte. Biden lenkte ein. Das Weiße Haus erklärte, die Obergrenze von 15 000 Geflüchteten pro Jahr sei nur vorläufig. Diese Obergrenze war von Trump gesetzt und von Biden zunächst bestätigt worden.

Seit dem 19. Februar dürfen wenigstens endlich die Asylanwärter ins Land, die unter Trump ihren Asylprozess in Mexiko abwarten mussten. Es sind letztendlich nur noch 15 000 von einst 71 000, die tatsächlich die Wartezeit und die Pandemie an der mexikanischen Grenze durchgehalten haben. Viele Frauen haben in dieser Zeit ein Kind zur Welt gebracht, das nun die mexikanische Staatsangehörigkeit hat. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen sie als »Überlebende« der Trump'schen Null-Toleranz-Politik. In Matamoros campierten zeitweise 2500 Geflüchtete auf freiem Feld; entlang der gesamten Grenze wurden Geflüchtete Opfer von Morden und Übergriffen. Im Januar wurden 16 Personen aus Guatemala bei einem Massaker im Bundesstaat Tamaulipas hingerichtet.

Doch die Situation in den Hauptherkunftsregion Mittelamerika hat sich während der Pandemie dramatisch verschlechtert. Im November zerstörten die Hurrikane Eta und Iota vor allem Honduras. Dort sind seitdem 250 000 Menschen von jeglicher Infrastruktur abgeschnitten. Daneben hat der Lockdown die vorrangig informelle Wirtschaft in Mittelamerika in die Knie gezwungen. Acht Millionen Menschen in der Region sollen Hunger leiden. Laut einem Bericht des Franzisaner-Netzwerks für Migration verlassen jede Stunde 34 Menschen Guatemala, El Salvador und Honduras, um die USA zu erreichen.

So stieg im März die Zahl derer, die beim Fluchtversuch in die USA festgenommenen wurden, auf 171 000 Personen an, mehr als in den vergangenen Jahren. Unter dem gesundheitspolitischen »Titel 42« werden nahezu alle direkt über die Grenze nach Mexiko zurückgeschoben, ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Die Zahl der festgenommenen unbegleiteten Minderjährigen erreichte im März mit 19 000 ein bislang unbekanntes Ausmaß. Die unmenschliche Praxis der Familientrennungen an der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze unter Trump hatte weltweit für Empörung gesorgt. Doch auch für Biden wird ein kindgerechter Umgang mit minderjährigen Geflüchteten eine Herausforderung bleiben.

Währenddessen verstärkte auch Mexiko unter Druck der USA seine Migrationskontrollen. Zwischen Januar und März wurden knapp 31 500 Menschen von den mexikanischen Behörden festgenommen. Das sind 18 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Biden kündigte an, dass sich Vizepräsidentin Kamala Harris auf die Südgrenze des Nachbarlandes fokussieren wolle, um eine Flucht aus Mittelamerika schon dort zu unterbinden. kze

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