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Köln taumelt Richtung 2. Liga

Der Fußball-Bundesligist steht nach dem 0:1 gegen Kiel vor dem Abstieg

  • Andreas Morbach, Köln
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Mitteilung des Kieler Matchwinners Simon Lorenz an den unterlegenen Erstligisten 1. FC Köln klang schon ein bisschen frech. Zwar betonte der 24-Jährige, sein Treffer zum 1:0-Hinspielsieg in der Domstadt sei für die Entscheidung in der Relegation »noch nicht viel wert«. Um einiges offensiver interpretierte er dafür den vermeintlich größeren Erschöpfungsgrad seines Teams.

Die Partie am Mittwochabend war für die unfreiwilligen Quarantäne-Spezialisten aus dem Unterhaus bereits die zehnte Partie in 34 Tagen. Der höherklassige Gegner trat im selben Zeitraum gerade mal halb so oft an. Torschütze Lorenz drehte diesen Umstand nun ins Positive: »Für mich ist es ganz normal, dass wir in drei Tagen wieder spielen.« Der Körper gewöhne sich »ein Stück weit« an die dauernde Belastung, berichtete der gelernte Verteidiger - und blickte entsprechend munter auf das entscheidende Duell mit den Kölnern am Samstagabend: »Mir ist es egal, ob wir am Samstag, Sonntag oder in einer Woche spielen.«

Die frischen Erlebnisse in Köln verliehen seinen Sätzen dabei sicherlich zusätzlichen Schwung. Schließlich hatte Lorenz die Partie in der WM-Arena nach einer Stunde entschieden, mit einem Kopfballtor, das ihm nach einem gewonnenen Luftduell mit Kölns Kapitän Jonas Hector im Anschluss an eine Ecke gelungen war- exakt 19 Sekunden nach seiner Einwechslung.

Kölns Sport-Geschäftsführer Horst Heldt fasste sich in dem Moment entsetzt an den Kopf. Für seinen Klub war es schon das 18. Gegentor bei Standards in dieser Saison. So erfolgreich, wie sie offensiv selbst in dieser Disziplin agieren, so schlecht verteidigen die Rheinländer solche Situationen häufig auch. Von ihrer Abwehrschwäche konnte auch der im April als Rettungssanitäter engagierte Friedhelm Funkel, ein anerkannter Fachmann auf diesem Fußballgebiet, die Kölner offenbar nicht vollständig kurieren. Obwohl sein Team bei Hertha BSC und gegen Schalke zuletzt zweimal zu Null gespielt hatte.

»Das müssen wir auch gegen Kiel schaffen - wir dürfen kein Gegentor fangen«, hatte Funkel vor der Partie als Mantra formuliert. Sein Plan aber misslang, und deshalb ist der 67-jährige Trainer in der kurzen Zwischenphase bis zum Gegenbesuch an der Ostsee nun auf der Suche nach einer Formel, die den siebten Bundesliga-Abstieg des Klubs doch noch verhindern soll.

Ein Problem, das die Kölner schon während der gesamten Saison begleitet - ihr lahmendes Offensivspiel -, wurde gegen Kiel erneut deutlich. Weil Mittelstürmer Sebastian Andersson nur bedingt einsatzfähig war und zunächst auf der Bank saß, schickte Funkel Mittelfeldmann Hector in den Angriff. Unterstützung in dieser Rolle bekam der Leitwolf des FC am Tag vor seinem 31. Geburtstag immer wieder von Ondrej Duda. Entsprechend fehlte den Gastgebern dadurch jedoch die Kreativität im Spielaufbau.

Und so offenbarte sich in Köln eine verkehrte Fußballwelt: Der Erstligist war sehr bemüht, erzielte bei all dem Aufwand aber keinerlei Ertrag, während der hocheffiziente Zweitligist im entscheidenden Augenblick zur Stelle war.

Funkel wäre aber nicht er selbst, ginge er die komplizierte Aufgabe im Rückspiel nicht mit dem Habitus eines erfahrenen Seebären an. »Das Ergebnis vom Mittwoch kann mich weder schocken noch zufriedenstellen«, erklärte er zunächst mal seelenruhig, ehe er betonte: »Aber die Qualität und die Möglichkeiten, diesen 0:1-Pausenrückstand wettzumachen, haben wir.«

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Erste Hinweise, auf welchen Plan er zurückgreifen könnte, servierte der Coach, der am Sonntag wieder in seinen für sieben Wochen unterbrochenen Ruhestand zurückkehren wird, auch schon. Zum einen, so seine Forderung, müsse man die Kieler vor mehr Probleme stellen - und zudem die eigenen Standards besser nutzen. »Da waren wir relativ ungefährlich, haben zu viele Bälle leichtfertig vergeben«, monierte Funkel. Und das soll das Team, das in der Bundesliga 41 Prozent seiner Tore nach Ecken und Freistößen erzielte, beim Showdown im hohen Norden auf jeden Fall besser machen.

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