Billig, aber nicht recht

Martin Ling über das »Versöhnungsabkommen« mit Namibia

Und der Sieger heißt Deutschland. Mit dem »Versöhnungsabkommen« mit Namibia hat die deutsche Bundesregierung einen Coup gelandet: Der Völkermord an den Herero und Nama wird mehr als 100 Jahre danach symbolisch anerkannt, aber nicht juristisch, sodass Reparationsansprüche aus diesem Vertrag ausgeschlossen werden können.

Die Regierung in Namibia hat sich nach sechs Jahren Verhandlungen dazu breitschlagen lassen. Ein finanzielles Trostpflaster von 1,1 Milliarden Euro über die nächsten 30 Jahre zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit gibt es obendrauf. Für die klamme Regierung in Windhoek hochwillkommen.

Das Abkommen hat mehrere Schönheitsfehler. Die traditionellen Herero- und Nama-Verbände blieben von den Verhandlungen bis zum Schluss ausgeschlossen. Ihre Parole »Alles über uns, ohne uns, ist gegen uns!« wurde geflissentlich von beiden Regierungen überhört. Ihre Forderungen nach einer uneingeschränkten Entschuldigung und Reparationen, mit denen die wirtschaftlichen Folgen des Völkermords kompensiert werden können, blieben unerhört.

70 Prozent des Landes in Namibia gehört weißen Farmern, die Herero und Nama sind bis heute marginalisierte Minderheiten weitgehend ohne Land. Dieses Mogelabkommen wird daran ziemlich sicher nichts ändern, auch wenn die 1,1 Milliarden Euro vor allem in Projekte in den Siedlungsgebieten der Herero und Nama fließen sollen. Für einen Völkermord, bei dem 1904 und 1908 etwa 65 000 von 80 000 Herero und mindestens 10 000 von 20 000 Nama ums Leben kamen, ist das billig, aber nicht recht.

Außenminister Heiko Maas kann sich freuen: »Ich bin froh und dankbar, dass es gelungen ist, mit Namibia eine Einigung über einen gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zu erzielen.« Mit den Angehörigen der Opfer wurde sich weder geeinigt, noch freuen sie sich.

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