Mit Stimmungswandel in neue Regierung

Mansur Abbas , Chef der Partei Vereinigte Arabische Liste (Raam), wird Partner in Israels bunter Koalition

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Bis vor wenigen Wochen kannte kaum jemand seinen Namen; jetzt ist der 47-jährige Mansur Abbas eine der wichtigsten Personen in der israelischen Politik. Der konservative Muslim führt die arabische Partei Raam an. Auch wenn arabische Parteien regelmäßig 12 bis 15 Prozent der Mandate in der Knesset erhalten, hielten sie sich bis auf ein einziges Mal aus der Regierungsbildung heraus. Doch nun hat Abbas seine Partei sogar in die Regierung geführt, dieser eine Mehrheit verschafft und damit einem Stimmungswandel in der arabischen Bevölkerung Ausdruck verliehen. Jahrzehntelang dominierte die Palästina-Frage die Programme der arabischen Parteien, während viele arabische Israelis Parlamentswahlen boykottierten. Jetzt steigt die Wahlbeteiligung in der arabischen Bevölkerung stetig, tritt Palästina in den Hintergrund. Stattdessen sollen die arabischen Parteien die Lebensumstände ihrer Wähler verbessern, den Dialog zu den anderen Bevölkerungsgruppen suchen, mit denen viele Wähler*innen ohnehin im ständigen Austausch stehen.

Der gläubige Muslim, Vater von drei Kindern, und seine Partei sind dabei eher dem rechten Spektrum in Israel zuzuordnen, auch wenn er nun die Einführung von Zivilehe und gleichgeschlechtlichen Trauungen zumindest dulden möchte. In der Vergangenheit sprach er sich in drastischen Worten dagegen aus, propagierte gar die »Konversionstherapie« für schwule und lesbische Menschen. Nun sitzt er in einer Koalition mit dem Chef der linksliberalen Meretz, Nitzan Horowitz, der in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, und der Feministin Merav Michaeli von der sozialdemokratischen Arbeitspartei Awoda. Im Gegenzug erhielt er die Zusage für hohe Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaftsförderung.

Seine Haltung in der Palästina-Frage ist indes ambivalent: Er fordert Verhandlungen, aber nicht um jeden Preis. »Eine Lösung darf nicht die Sicherheit Israels kosten«, sagte er dem TV-Sender KAN. Und: Die Palästinenser*innen müssten endlich eine tragfähige, demokratisch gewählte Regierung bekommen. Zudem sprach er sich gegen die Friedensverträge mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain aus: »Wenn wir eine Einigung mit den Palästinensern erzielen, bekommen wir Frieden mit 55 muslimischen Staaten«, sagte er im Parlament. Oliver Eberhardt

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