Alarmierender Trend

Martin Ling über den Bericht des Flüchtlingshilfswerks UNHCR

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Auf den ersten Blick ist es paradox: Obwohl 2020 wegen der Corona-Pandemie zeitweise mehr als 160 Länder ihre Grenzen dicht machten, hat die Zahl der Geflüchteten ein historisches Rekordhoch erreicht: 82,4 Millionen Menschen sind im vergangenen Jahr vor Gewalt, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen geflohen, wie die Uno anlässlich des Weltflüchtlingstags am 19. Juni berichtet. Der globale Trend bleibt damit alarmierend: Die 70-Millionen-Schwelle wurde 2018 erstmals übertroffen. Auf den zweiten Blick überraschen die Zahlen nicht: Die Corona-Pandemie hat keine der Fluchtursachen beseitigt, sondern vielerorts im Süden mehr wirtschaftliche Not und damit neue Fluchtursachen geschaffen. Millionen von Jobs gingen verloren und die Rücküberweisungen aus der Diaspora zurück, die in vielen Ländern die Entwicklungshilfe weit übertreffen. Viele Nepalesen beispielsweise arbeiten im Ausland, haben jedoch ihre Jobs verloren und konnten nichts mehr in ihre Heimat überweisen.

Ein Trauerspiel bietet weiter die Europäische Union. Sie verschärft seit Jahr und Tag mit ihrer Handels- und teils sogar ihrer Entwicklungspolitik Migrationszwänge im Globalen Süden. Die einstigen Tomatenbauern aus Ghana, die nun nach ihrer Migration auf europäischen Plantagen Tomaten pflücken, die als Konserven auf den Märkten Accras landen, sind dafür nur ein Beispiel.

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513 Millionen Bürger zählt die EU. Und nur gut 2 Millionen Flüchtlinge befinden sich in der EU. Im vierten Jahr in Folge gingen entgegen dem globalen Trend die Zahlen der Flüchtlinge in Deutschland und Europa zurück. Statt an einem System einer fairen Verantwortungsteilung zu arbeiten, wird die Festung EU weiter ausgebaut. Und von einer Weichenstellung hin zu einer Handels- und Entwicklungspolitik, die Fluchtursachen wenigstens mindert, ist erst recht nichts zu sehen. So verstärkt die EU den Migrationsdruck und trägt zu neuen Höchstzahlen bei - Jahr für Jahr.

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