- Politik
- Verhältnis zwischen China und der EU
EU will Montenegro stützen
Brüssel zeigt sich zu finanziellen Hilfen für den bei China verschuldeten kleinen Staat an der Adria bereit
Die Gläubiger Montenegros sollen ausgetauscht werden. Statt bei China will sich Podgorica nun bei westlichen Geldinstituten verschulden. So will es zumindest die lokale Regierung und die EU-Kommission. Das kleine Adrialand hatte im April offiziell in Brüssel um Hilfe ersucht, um einen fälligen Kredit in Höhe von rund einer Milliarde Euro bei der chinesischen Export-Import-Bank (Exim) zu bedienen. Nun wurde offenbar eine Lösung gefunden. Demnach könnten sich europäische Entwicklungsbanken der Sache annehmen und Montenegro Liquidität verschaffen. Im Gespräch sind die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die französische Agence Française de Développement (AFD) sowie die italienische Cassa Depositi e Prestiti (CDP), wie die Agentur Reuters vermeldete.
Noch im Frühjahr hatte die EU-Kommission durch ihren Sprecher Peter Stano ausrichten lassen, man werde Podgorica finanziell nicht beistehen. Vor allem die Bundesrepublik wehrt sich aus Prinzip vehement dagegen, dass die EU für Fehlbeträge ihrer Mitglieder aufkommt. Noch weniger konnte das folglich Montenegro erwarten, das lediglich den Kandidatenstatus innehat. Doch der ehemaligen jugoslawischen Republik kommt zupass, dass sie durch die selbstgewählte Schuldenfalle immer stärker in den chinesischen Einflussbereich zu geraten drohte. Podgorica steht in Höhe von rund einem Fünftel seines Bruttoinlandsprodukts bei Peking in der Kreide. Das war auch für Berlin, das den Balkan als deutschen Hinterhof betrachtet, ausreichend Anlass zur Sorge.
Der nun geschmiedete Plan wird Montenegro wieder fester an die EU binden. Die neuen Schulden werden nicht mehr in US-Dollar, sondern in Euro, der Währung Montenegros, aufgenommen. Zurückgezahlt werden sollen sie innerhalb von 20 Jahren zu einem Zinssatz von einem Prozent. Verbunden ist das, so verlautet aus Podgorica, mit Kürzungen des Staatsbudgets. Auch sind weitere Privatisierungen nicht ausgeschlossen. Da hilft es auch nicht, dass nach der Rezession von 15 Prozent im vergangenen Jahr nun ein Aufschwung der vom Tourismus abhängigen Wirtschaft vorausgesagt wird.
Der Exim-Kredit wurde 2014 für den Bau einer Autobahn von der Küste bis zur Grenze mit Serbien bereitgestellt. Das Infrastrukturprojekt steht im Zusammenhang mit Chinas »One Belt, One Road«-Initiative, auch bekannt als Neue Seidenstraße. Damit soll der wirtschaftliche Austausch zwischen der Volksrepublik und Europa gefördert werden. Der Balkan dient als Transportroute. Aus Peking heißt es in Bezug auf die montenegrinische Verschuldung, die Autobahn sei wichtig für die sozioökonomische Entwicklung des 628 000-Einwohner-Landes.
Doch nach Fortschritt sieht diese Autobahn nicht aus. Bisher ist nur einer von drei Abschnitten fast fertiggestellt und das zu horrenden Kosten. Rund 21 Millionen Euro Baukosten fallen für einen Kilometer an, so viel wie nirgendwo sonst in Europa. Nicht inbegriffen sind dabei die Schäden an der Natur wie im unter besonderem Schutz stehenden Tara-Tal. Fraglich ist zudem, ob die geplante Maut die Baukosten jemals einspielen wird, oder auch nur für die Instandhaltung reicht. Hinzu kommt, dass die Arbeiten vorwiegend von chinesischen Firmen ausgeführt werden. Die wenigen lokalen Unternehmen, die davon profitieren, sind mit Staatspräsident Milo Đukanović verbandelt. Er war es auch, der den Deal damals eingefädelt hatte.
Während EU-Kommissionssprecherin Ana Pisonero bereits frohlockt, man werde mit Montenegro »auf seinem Weg zur Mitgliedschaft« zusammenarbeiten, »um finanzielle Lösungen für dessen Investitionsprojekte zu finden und auch die Tragfähigkeit seiner Verschuldung sicherzustellen«, gerät im Land der schwarzen Berge das Projekt Schuldenverschieben ins Stocken. Die Regierung, die erste seit Jahrzehnten ohne die Đukanović-Partei DPS, steckt in einer handfesten Krise. Die stärkste Koalitionspartei Demokratische Front fordert die Auswechselung von Premier Zdravko Krivokapić oder vorgezogene Neuwahlen, boykottiert gerade das Parlament. So liegt die geplante Umstrukturierung der Schulden zunächst auf Eis.
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