Vegane Energie

TOM AUF TOUR: über Radprofis, die viel futtern müssen

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Radprofis müssen viel futtern, heißt es. Bis zu 7500 Kalorien sollten sie pro Tag zu sich nehmen, deshalb gibt es Berge von Pasta schon zum Frühstück. »Der Energieverbrauch reicht von 2200 bis 2700 Kalorien am Ruhetag bis zu 6000 bis 7500 bei längeren Bergetappen«, erklärt Robert Gorgos, diplomierter Ernährungswissenschaftler und als Nutritionist bei Team Bora-hansgrohe im Einsatz, »nd«. Zum Vergleich: Richtwert für den täglichen Energiebedarf bei Männern zwischen 19 und 25 Jahren sind 2500 Kalorien. Es ist also die bis zu dreifache Menge, die ein Tourfahrer bei Bergetappen zu sich nimmt.

Die Ernährungsberater der Teams legen die Mengen exakt für jeden Fahrer fest. »Wir bekommen Tabellen, an die wir uns halten«, erzählt Emanuel Buchmann »nd«. Gorgos, Tabellenplaner beim Team des Ravensburger Radprofis, freut das. Er legt den Energiebedarf täglich für jeden Einzelnen fest. »Wir messen den Bedarf über den Powermeter und bekommen so genaue Zahlen. Wir passen dann alles an, auch vor, im und nach dem Rennen, wobei das Frühstück und das Essen im Ziel für alle gleich sind«, erzählt Gorgos.

30 bis 40 Prozent der benötigten Energie werden während des Rennens über Riegel und Gels zugeführt. »Die sind weitestgehend vegan«, erzählt Simon Geschke. Für den in Berlin geborenen Radprofi ist das eine gute Sache. Denn seit etwa fünf Jahren lebt er vegan. Er kann das mit dem Leistungssport nicht nur vereinbaren, er bringt auch Leistung. Bei der ersten Pyrenäen-Etappe nach dem Ruhetag war es seine Initiative am Berg, die plötzlich Bewegung ins Klassement brachte. Er brachte seinen Kapitän Guillaume Martin nach vorn. »Ich habe gesehen, dass es vorn ziemlich ruhig war. Ich dachte, man könnte etwas versuchen. Die Idee kam mir spontan. Zehn Minuten vorher habe ich Guillaume gefragt, und er war einverstanden«, berichtet Geschke »nd«.

Genügend Brennstoff für Attacken hat er. »Ich nehme eben Dinge auf pflanzlicher Basis zu mir, viel Erbsen, Bohnen, Tofu und Linsen. Kohlenhydrate sind ohnehin kein Problem«, meint er. Negative Effekte verspürt er nicht. »Meine Blutwerte sind in all den Jahren gleich geblieben. Weil im Leistungssport aber ein höherer Bedarf besteht, nehme ich zusätzlich Vitamin-D-Komplex und Eisen zu mir«, sagt er. Seine Performance schränkt das nicht ein, selbst wenn Experte Gorgos da prinzipiell skeptisch ist: »Ich halte in diesem Grenzbereich der körperlichen Leistungsfähigkeit nichts davon. Warum sollte ich mögliche Nährstoffdefizite riskieren, wenn ich mich primär pflanzlich ernähren kann, ergänzt durch bestimmte tierische Proteine und Fette und dann beide Vorteile habe?«

Geschke ist nicht der erste Veganer im Profipeloton. Bereits Adam Hansen, der ausdauerndste Rundfahrer aller Zeiten - er hält den Rekord von 20 komplett durchgefahrenen Grand Tours hintereinander -, ist Veganer. »Den letzten Teil meiner Rekordserie fuhr ich komplett als Pflanzenesser, ich nahm sogar Honig aus meinem Menü«, berichtete er. Hansen wurde sogar durch den Wunsch nach Optimierung seiner Ernährung zum Veganer: »Ich habe nach und nach all die Nahrungsmittel aus meinem Essen getilgt, die bei mir für schlechte Blutwerte sorgten. Und plötzlich stellte ich fest: Ich bin Veganer.«

Größte Brennstoffquelle der Tourfahrer sind ohnehin Kohlenhydrate. »Sie sind leicht verdaulich, als Glykogen und Energiereserve im Muskel speicherbar und im Rennen, vor allem bei hoher Intensität, der bevorzugte Brennstoff«, betont Gorgos. In den Körper kommen sie vornehmlich über Kartoffeln, Reis, Haferflocken, Brot, Pasta, Obst und Gemüse - das meiste davon, abgesehen von Eiernudeln, ist ja bereits vegan.

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