Unter keinem guten Stern
Mit einem Jahr Verspätung starten an diesem Freitag in Tokio die Olympischen Spiele - allen Skandalen und der Pandemie zum Trotz
Tokio. Sind diese Spiele wirklich nötig? Stellt man die Frage den rund 11 000 aus aller Welt nach Japan angereisten Athletinnen und Athleten, antworten sie in aller Regel: Ja, unbedingt! Sie hatte die Verschiebung der eigentlich für 2020 in Tokio geplanten Olympischen Spiele vor einem Jahr hart getroffen. Der Komplettausfall hätte wohl viele Karrieren mit einem Nackenschlag beendet. Dennoch hält sich die Kritik der Bürger am Festhalten hartnäckig. Denn die Pandemie ist gerade in Japan längst nicht überwunden.
Die Infektionszahlen steigen, Krankenhäuser sind überlastet, die Impfquote noch viel zu niedrig. Und jetzt befürchten die meisten Japaner, dass Sportler und Funktionäre noch mehr Viren einschleppen. Mehr als 80 Olympiateilnehmer wurden nach ihrer Anreise bereits vor der Eröffnungsfeier an diesem Freitag positiv getestet.
Doch nicht nur die Angst vor Corona lässt die Japaner kritisch auf die vierte Olympiaausgabe in ihrem Land schauen. Viele Versprechungen der Regierung und der Organisatoren stellten sich über die Jahre als Lügen heraus. Die geplanten Ausgaben stiegen um ein Vielfaches, weshalb die Steuerzahler doch Milliarden für die Stadien aufbringen mussten. Aus den Wiederaufbauspielen für die Region Fukushima nach der Erdbeben- und Reaktorkatastrophe 2011 wurde auch nichts. Noch immer können Zigtausende Menschen nicht in ihre verstrahlte Heimat zurück, und der Bau einiger Sporthallen scheiterte, weil die Arbeiter auf den Olympiabaustellen in Tokio gebraucht wurden.
So wurden die Proteste lauter und die Liste der Rücktritte von Ministern und Organisationschefs nach Korruptions- oder Sexismusskandalen immer länger. Am Donnerstag traf es den Direktor der Eröffnungsfeier, einen Tag vor seiner großen Show. Kentaro Kobayashi hatte 1998 in einer Veranstaltung antisemitische Witze erzählt. Videos davon zirkulierten nun verstärkt im Internet, und Kobayashi musste gehen. Auch den 11 000 Sportlerinnen und Sportlern gefällt so etwas nicht. Aber Olympia ist nun mal Olympia. Das sagt man nicht so einfach ab. Koste es, was es wolle.
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