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Beschäftigte bei Teigwaren Riesa streiken erneut
Die rund 150 Angestellten beim sächsischen Nudelhersteller wollen endlich zumindest eine schrittweise Lohnangleichung erzwingen
Der zweite Streik innerhalb von zwei Wochen hat die Produktion der Teigwaren Riesa GmbH von Dienstag bis Mittwochmorgen komplett lahmgelegt. Damit ruhte die Arbeit in dem Betrieb für zwei volle Schichten. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) begründete ihren Arbeitskampf damit, dass das Unternehmen frühestens ab dem Jahr 2022 über höhere Löhne verhandeln will.
»Wir lassen uns nicht damit abspeisen, dass die Unternehmensführung sagt, wir schauen im kommenden Jahr mal, wie die wirtschaftliche Entwicklung so ist«, gibt sich Thomas Lißner, NGG-Geschäftsführer für Dresden-Chemnitz, kämpferisch. Er macht geltend, dass die Teigwaren Riesa GmbH immerhin Marktführerin in ihrem Segment in Ostdeutschland sei und das Unternehmen in der Pandemie noch mal mehr Umsatz gemacht habe. »Und dennoch verdienen die rund 150 Mitarbeiter*innen hier zwischen 700 und 800 Euro weniger als ihre Kolleg*innen in der Ernährungsmittelproduktion in den alten Bundesländern«, rechnet er vor.
Der momentane Lohn der Riesaer Teigwaren-Beschäftigten beläuft sich auf gerade mal Mindestlohn plus 54 Cent. »Und das bei einer schweren Arbeit mit viel Hitze am Arbeitsplatz und in Schichten«, beschreibt Lißner die Bedingungen vor Ort. Außerdem moniert der Gewerkschaftssekretär, dass die Teigwaren Riesa GmbH als Tochter des Teigwarenherstellers Alb-Gold in Baden-Württemberg mit diesem Firmengeflecht auch noch ganz andere Umsätze generiere, während die Beschäftigten in Riesa derart schlecht bezahlt würden.
Mike Hennig, Geschäftsführer des Unternehmens, schiebt gegenüber der Zeitung »Die Welt« die Corona-Pandemie und eine bisher noch nicht erzielte Einigung mit dem Handelsunternehmen Kaufland vor, um den Forderungen der Riesaer Beschäftigten aus dem Weg zu gehen. »Wir haben die Gewerkschaft gebeten, mit den Verhandlungen noch zu warten, denn wir können noch nicht abschätzen, wohin die Reise geht«, sagt Hennig.
Eine solche Nullrunde lehnt auch Olaf Klenke, Landesbezirkssekretär Ost der NGG, kategorisch ab. »Wir wollen die Lohnlücke von über 700 Euro monatlich zu vergleichbaren Betrieben in Westdeutschland ja nicht sofort schließen, aber wir müssen uns dem jetzt endlich Schritt für Schritt annähern«, sagt er. Angesichts des enormen Gehaltsunterschiedes zwischen Ost und West betont der Gewerkschafter auch, dass es bei den Forderungen durchaus um stärkere Lohnerhöhungen geht. »Das sind schon um die fünf Prozent, um die die Löhne hier jährlich steigen müssen«, sagt er.
Von Unternehmensseite wird entgegnet, dass eine geforderte Lohnerhöhung von durchschnittlich 788 Euro finanziell nicht zu leisten sei. Ohne auf die geforderte schrittweise Annäherung der Löhne einzugehen, droht Hennig lieber mit dem Totschlagargument, indem er behauptet: »Dann müssten wir Insolvenz anmelden.«
Für Gewerkschafter Klenke wird aufgrund solcher Äußerungen deutlich, dass die Unternehmerseite offenbar noch immer nicht akzeptiert habe, dass die Beschäftigten sich organisierten und auch längerfristig streikbereit seien. »Das ist in den Köpfen der Geschäftsführung scheinbar noch nicht angekommen«, vermutet er.
Damit sich das ändert, könnten die nächsten Aktionen der Beschäftigten bereits in der kommenden Woche stattfinden. Was genau geplant wird, wollte Klenke am Mittwoch noch nicht verraten.
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