Umverteilung, schnell und langfristig

Bündnis »Wer hat, der gibt« ruft zu Demonstration am Samstag auf

  • Darius Ossami
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Coronakrise hat auch Vorteile - zumindest für Gutverdienende: Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) besitzen zehn Prozent der Deutschen etwa zwei Drittel des gesamten Vermögens. Allein das reichste Prozent der Bevölkerung vereint demnach rund 35 Prozent des Vermögens auf sich. Die Zahl der Millionäre ist 2020 auch in Deutschland weiter angestiegen.

»Wer hat, der gibt«, fordert deshalb ein im vergangenen Jahr gegründetes Aktionsbündnis: »Die Pandemie hat die soziale Ungleichheit weiter verschärft. Auf der einen Seite haben die deutschen Milliardäre ihr Vermögen um satte 100 Milliarden vergrößert, auf der anderen wollen sie uns die milliardenschwere Corona-Rechnung aufs Auge drücken.« Aus diesem Grund mobilisiert das Bündnis am Samstag zu einem bundesweiten Aktionstag unter dem Motto: »Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten!«

»Die Reichen sind die Gewinner*innen der Krise, während prekär Beschäftigte ihre Arbeit verloren haben«, erklärt Sophie Zechner, eine Sprecherin des linken Bündnisses mehrerer Gruppen wie Fridays for Future, Seebrücke und Attac sowie Einzelpersonen. Die Gesellschaft werde noch lange mit den Folgen der Coronakrise beschäftigt sein, Reichtum und Macht seien falsch verteilt. Deshalb fordert das Bündnis »eine progressive Steuerpolitik, die eine langfristige Umverteilung von unten nach oben ermöglicht«. Konkret wird eine einmalige Vermögensabgabe der Reichen, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes verlangt.

Politische Kämpfe miteinander verbinden

Ärmere Menschen bräuchten Jahre, um die entstandenen Verluste auszugleichen, während die Reichen hinzuverdienten, so Zechner: »Die Schuldenbremse muss langfristig ausgesetzt werden, weil die kommenden Generationen die entstandenen Schulden abbezahlen müssen, obwohl das Geld eigentlich da ist.« Weitere Forderungen sind ein sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft und ein höherer Mindestlohn. Die Vielzahl an Forderungen soll auch zeigen, dass man »unterschiedliche politische Kämpfe verbinden kann«, wie es Zechner formuliert.

Das Umverteilungsbündnis »Wer hat, der gibt« hat sich im Sommer 2020 gegründet, um angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums einzufordern. An einem ersten Aktionstag im September 2020 gab es Aktionen und Demonstrationen durch »Reichenviertel« in fünf Städten, in Berlin in Charlottenburg. In diesem Frühjahr initiierte »Wer hat, der gibt« eine Petition, die mehr als 100 Prominente unterzeichneten und weitere 55.000 Menschen unterstützten.

In Berlin beginnt die Demonstration am Samstag um 14 Uhr am Kreuzberger Urban-Klinikum und zieht von dort zum Gendarmenmarkt in Mitte. Damit sollen auch die anstehenden Tarifverhandlungen im Gesundheitssektor unterstützt werden. »Ein privatisiertes Gesundheitssystem kommt nicht allen zugute«, so Zechner. Das Pflegepersonal sei kaputtgespart worden, die Beschäftigten seien am Limit: »Die Coronakrise hat gezeigt, dass das Gesundheitssystem an der Gemeinschaft orientiert sein sollte.« Deswegen fordert das Bündnis auch die »Entprivatisierung« öffentlicher Infrastruktur, insbesondere der Gesundheitsversorgung.

Bundesweite Aktionen in 18 Städten

Mit dem bundesweiten Aktionstag, an dem in 18 Städten wie Hamburg, Göttingen und Würzburg Demonstrationen und Kundgebungen stattfinden, soll fünf Wochen vor der Bundestagswahl darauf aufmerksam gemacht werden, dass soziale Ungleichheit nicht hingenommen werden darf. Da Wahlen alleine »nichts ändern« würden, wird zudem auf weitere Demonstrationen hingewiesen: »Es braucht eine außerparlamentarische Organisierung und den Druck von der Straße«, heißt es im Aufruf. Dazu gehören etwa die Demo gegen hohe Mieten und Verdrängung am 11. September und der Aktionstag von Fridays for Future am 24. September.

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