Kuba erhöht staatliche Kontrolle über Online-Aktivitäten

»Mobilisierungen und anderen Handlungen, die die öffentliche Ordnung ändern«, werden als Cybersicherheits-Zwischenfall eingestuft

  • Lesedauer: 3 Min.

Havanna. Gut einen Monat nach außergewöhnlichen Protesten gegen die Regierung in Kuba hat diese die staatliche Kontrolle über die Internetaktivitäten der Bürger erweitert. Nach einem Dekret und weiteren neuen Regelungen, die am Dienstag im Amtsblatt des sozialistischen Karibikstaates veröffentlicht wurden, wird künftig unter anderem der Aufruf in elektronischen Medien zu »Mobilisierungen und anderen Handlungen, die die öffentliche Ordnung ändern«, als Cybersicherheits-Zwischenfall eingestuft.

Die Innen- und Kommunikationsministerien sowie die Streitkräfte sollen demnach mögliche feindliche und kriminelle Handlungen im Cyberspace überwachen, diese »neutralisieren« und wenn nötig Strafen verhängen. In der Kategorie »ethische und soziale Schäden« steht in der Liste der als hochgefährlich eingestuften »Zwischenfälle« auch: »Verbreitung von Falschnachrichten, beleidigende Nachrichten, Verleumdung mit Auswirkungen auf das Ansehen des Landes«.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Der stellvertretende Minister für Kommunikation, Wilfredo González, sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Gesetz würde es den Kubanern ermöglichen, »ihre persönlichen Daten« und »ihre Privatsphäre« zu schützen. Zudem stelle es sicher, dass »niemand in der Lage ist, die Wahrheit zu verdrehen«.

Das neue Gesetz löste bei zahlreichen Kubanern Empörung aus, die sie in den Online-Netzwerken kundtaten. »Wir haben das Recht, eine andere Meinung zu haben und diese auch zu äußern«, schrieb eine Nutzerin. Das mobile Internet, das auf Kuba erst 2018 eingeführt wurde, ist seitdem für Bürgergruppen und Aktivisten zum wichtigen Instrument für die Verbreitung von Informationen geworden.

Am 11. Juli hatten Tausende Kubaner in zahlreichen Städten spontan für Freiheit, gegen Unterdrückung und Mangelwirtschaft demonstriert. Solche Proteste hatte es in dem Inselstaat seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Die autoritäre Regierung sprach von gewaltsamen Unruhen, die die USA angezettelt hätten, um die Kubaner zu spalten. Sicherheitskräfte lösten die Demonstrationen gewaltsam auf und nahmen Hunderte Menschen fest.

»Biden hat viele Erwartungen in Kuba enttäuscht« - Historiker Rainer Schultz über Proteste und Alltag auf der Karibikinsel sowie die Initiative zur Aufhebung der Blockade

Der Internetzugang, der auf der Insel durch Zensur ohnehin eingeschränkt ist, wurde zeitweise blockiert. Regierungsgegner hatten sich in sozialen Medien über die Proteste ausgetauscht. Die US-Regierung prüfte nach eigenen Angaben Möglichkeiten, den Kubanern den Internetzugang zu erleichtern. Einige kubanische Twitter-Nutzer verurteilten die neuen Regelungen als Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versuch, Kritiker zum Schweigen zu bringen. Agenturen/nd

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -