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  • Vonovia-Deal mit Berlin

Uneingeschränkt zufrieden ist nur die SPD

Es gibt Kritik an den Wohnungsankäufen des Landes Berlin von Vonovia und Deutsche Wohnen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Genau 14 752 Wohnungen in Berlin gehen derzeit aus den Beständen der Konzerne Deutsche Wohnen und Vonovia in das Eigentum des Landes über. Rund 8000 gehen an die landeseigene Howoge, etwa 4000 an die Berlinovo und circa 2500 an die Degewo. Die drei Unternehmen finanzieren das rund 2,4 Milliarden Euro schwere Geschäft komplett über Kredite; SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz hat das Abgeordnetenhaus außen vor gelassen. Sehr zum Unmut nicht nur der Opposition, sondern auch der Koalitionspartner Linke und Grüne.

Und so wird am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses auf Antrag der FDP-Fraktion auch heiß debattiert. Deren Haushälterin Sibylle Meister nennt die den Abgeordneten bereitgestellten Informationen »einen schlechten Witz«. Wegen der Geheimhaltung mussten die Angaben im Datenraum studiert werden. »Was wir fanden, waren ein paar bunte Blättchen und eine Liste mit ein paar Straßenzügen darauf«, beschreibt Meister. Ganze neun Seiten umfasst nach nd-Informationen die sogenannte Due diligence, also die vom Unternehmen Ernst & Young im Juni vorgelegte Einschätzung des Werts und der Risiken der Bestände für den Senat. Eines der Risiken ist die mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhandene Asbestbelastung in den Bauten aus den 1960er und 1970er Jahren. Am späten Dienstagabend erreichte die Abgeordneten noch eine Liste mit den genauen Anschriften der Häuser, wohl eine Reaktion auf eine erfolgreiche Klage des Informationsfreiheitsportals »Frag den Staat« vor dem Verwaltungsgericht Berlin.

SPD-Mietenexpertin Iris Spranger verweist darauf, dass der Kauf in den Aufsichtsräten der Unternehmen einstimmig beschlossen worden sei. »Auch die eventuellen Sanierungsbedarfe sind dabei in den Kaufpreis eingerechnet worden«, so die Abgeordnete weiter.

»Das ist kein Schnäppcheneinkauf. Es ist ein ertragsbasierter, kalkulierter Marktwert«, sagt Michail Nelken, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Der Kaufpreis liege bei rund 2300 Euro pro Quadratmeter Wohnungsfläche. »Das wird ganz schön eng, dies aus den Mieterträgen zu leisten«, warnt Nelken. »Wenn der politische Wille für den Ankauf bei der SPD da ist, dann findet sich ein Weg. Das hätte ich mir auch bei anderen Fällen gewünscht«, sagt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten der Grünen-Fraktion. Im Vorkaufsrecht seien Häuser mit niedrigeren Quadratmeterpreisen »wegen angeblich fehlender Wirtschaftlichkeit« nicht gekauft worden, beklagt die Friedrichshain-Kreuzbergerin. »Die Berlinovo muss vom Senat verpflichtet werden, die Regelungen der Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und den landeseigenen Wohnungsunternehmen einzuhalten«, fordert Schmidberger. Bisher gilt für das Unternehmen, das die Immobilienfonds der ehemaligen Bankgesellschaft Berlin verwaltet, nicht die umfassende Mietpreisbegrenzung.

Finanzsenator Kollatz weist die Vorwürfe zurück. Die Howoge habe auch nach der Kreditaufnahme weiter einen niedrigen Schuldenstand, und die Berlinovo wolle bei 60 Millionen Euro mindestens erwarteter Sanierungskosten weitere 100 Millionen Euro dafür zurückstellen. Auf die Degewo, die nach nd-Informationen wegen der Kredite beim Neubau weniger leistungsfähig sein soll, geht er nicht ein.

»Wir werden uns ehrlich machen müssen in der Frage, wie wir Neubau finanzieren wollen«, sagt Linke-Haushaltsexperte Steffen Zillich. »Die Frage nach Kapitalzuführungen beim Neubau liegt auf dem Tisch, und wir werden sie in neuen Koalitionsverhandlungen behandeln müssen.«

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