• Kommentare
  • Tunesiens Staatspräsident hebelt Verfassug aus

Der Staat bin ich!

Mirco Keilberth über Tunesiens selbstherrlichen Präsidenten Kais Saied

  • Mirco Keilberth
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Selbstverbrennung eines Studenten in der tunesischen Provinzstadt Sidi Bousid leitete vor zehn Jahren das Ende mehrerer arabischer Regime ein. Ausgerechnet in Sidi Bousid trägt nun der vor zwei Jahren mit großer Mehrheit gewählte Präsident Kais Saied die zweite Tunesische Republik zu Grabe. Diese hatte 2014 mit der modernsten Verfassung der arabischen Welt begonnen. Doch trotz Reformen und politischer Kompromisse erfüllte sich in der Provinz die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht. Im Gegenteil: Die plötzlich populären Islamisten der Ennahda-Partei verschafften ihren Anhängern Jobs in Bürokratie oder Polizei, wie alle anderen auch.

Viele Tunesier erleben Demokratie als Klientelismus und Korruption elitärer Netzwerke, junge Menschen müssen sich mit Tagelöhnerjobs zufriedengeben. Eine Mehrheit unterstützt Saieds Griff zur Macht in der falschen Hoffnung, dass er alleine mit den Missständen aufräumen kann. Gerade jetzt muss die EU Tunesien eine Partnerschaft anbieten für den nötigen Reformkraftakt. Ansonsten werden die Golfstaaten oder China Kais Saieds Ein-Mann-Staat vor dem wirtschaftlichen und politischen Bankrott retten. Und dann wird die gerade mobilisierte Zivilgesellschaft keine Chance haben, das Ruder wieder in Richtung Demokratie herumzudrehen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal