Brandenburg wird rot, Berlin bleibt bunt

Bei den Direktmandaten für den Bundestag gibt es in der Hauptstadtregion etliche Veränderungen

Für Brandenburgs Linke ist ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl am Sonntag das schlechteste aller Zeiten. 11,3 Prozent erzielte die PDS nach dem Zusammenbruch der DDR bei der Bundestagswahl 1990, auf 10,7 Prozent kam die Linkspartei bei der Landtagswahl 2019 nach zehn Jahren rot-roter Koalition. Nun wurden es am Sonntag nur noch 8,5 Prozent. Damit landete Die Linke, die 2009 mit 28,5 Prozent sogar mal eine Bundestagswahl in Brandenburg gewonnen hatte, jetzt nur auf Platz sechs – noch hinter der FDP, die im Landtag nicht vertreten ist.

Deutlich verfehlten die märkischen Sozialisten das von der Landesvorsitzenden Katharina Slanina ausgegebene Wahlziel, die bislang vier Bundestagsmandate zu verteidigen. Slanina war selbstverständlich klar, dass der Landesverband seine 17,2 Prozent von der Bundestagswahl vor vier Jahren nicht wieder erreichen würde. Es gab allerdings die nicht ganz unbegründete Hoffnung, die Landespartei könne in einem extrem aufgeblähten Bundestag auch bei erheblichen Stimmenverlusten wieder vier oder im günstigsten Falle sogar fünf Sitze bekommen. Doch daraus wurde nichts. Offenbar ziehen nur Spitzenkandidat Christian Görke und die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg ins Parlament ein.

Mit 15,3 Prozent hat auch Brandenburgs CDU einen historischen Tiefstand erreicht. 2017 hatten die Christdemokraten die Bundestagswahl in Brandenburg noch mit 26,7 Prozent klar gewonnen und neun von zehn Wahlkreisen geholt. Nun gingen sämtliche Wahlkreise an die SPD – auch die zwei Wahlkreise im Süden, bei denen ein Sieg der AfD zu befürchten stand. Doch auf den letzten Metern änderten im Wahlkreis 64, der aus der Stadt Cottbus und dem Landkreis Spree-Neiße besteht, Linke und Grüne noch ihre Strategie zugunsten von Maja Wallstein (SPD). Die Linke überklebte ihre eigenen Plakate mit dem Hinweis »Zweitstimme«, was an ihre Stammwähler ein Wink mit dem Zaunpfahl war, die Erststimme Maja Wallstein zu geben. Die Grünen forderten ganz offen dazu auf. Das wirkte. Verglichen mit den Zweitstimmen gab Die Linke bei den Erststimmen 1,2 Prozent an die SPD ab, bei den Grünen waren es 1,8 Prozent. Maja Wallstein (SPD) siegte sodann mit 1,9 Prozentpunkten Vorsprung auf Daniel Münschke (AfD).

»Wir sind erleichtert, dass die AfD kein Direktmandat in Brandenburg erringen konnte. Unsere Glückwünsche gehen an Maja Wallstein«, erklärte der Linke-Kreisvorsitzende Matthias Loehr am Montag. Befragt nach personellen Konsequenzen des Desasters auf Landesebene sagte Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg: »Wir haben unsere inhaltlichen Fragen zu klären, erst danach stehen personelle Fragen an. Schnellschüsse sind hier meines Erachtens nicht angezeigt.«

FDP-Generalsekretärin Anja Schwinghoff freute sich am Montag, dass die FDP mit ihren 9,3 Prozent in Brandenburg auf Platz vier landete: »Das gab es noch nie in der Geschichte.« 9,3 Prozent sind das zweitbeste Ergebnis der märkischen Liberalen bei Wahlen in Brandenburg. Nur bei der Bundestagswahl 1990 schnitten sie mit 9,7 Prozent noch besser ab. Für die Grünen sagte die Landesvorsitzende Julia Schmidt: »Wir müssen feststellen, dass wir hinter unseren Möglichkeiten zurückgeblieben sind. Wir hätten uns mehr erhofft bei dieser Wahl.«

Einen Lichtblick gibt es für Brandenburgs Sozialisten. Bei der Landratsdirektwahl in Teltow-Fläming hat die vor acht Jahren ins Amt gelangte Landrätin Kornelia Wehlan (Linke) die erste Runde am Sonntag nicht nur überstanden, sondern liegt mit 26,3 Prozent auch ziemlich deutlich in Front vor Dietlind Biesterfeld (SPD), die 20,6 Prozent erhielt. Zwischen diesen beiden Politikerinnen entscheidet nun eine Stichwahl am 10. Oktober. Ausgeschieden sind die Kandidaten von AfD (16,6 Prozent), CDU, (14,1), Freie Wähler (8,9), Grünen (6,8) und FDP (6,7 Prozent).

Keinen Erfolg hatte bei der anderen Landratswahl am Sonntag in Märkisch-Oderland Bewerber Uwe Salzwedel (Linke), der mit 14,1 Prozent schon ausgeschieden ist. In die Stichwahl geht hier nun Landrat Gernot Schmidt (SPD, 42,8 Prozent) gegen Rico Obenauf (Freie Wähler, 23,1 Prozent). Wie Uwe Salzwedel ausgeschieden ist auch Falk Janke (AfD) mit 20,1 Prozent.

In Berlin erzielte Die Linke bei der Bundestagswahl 11,4 Prozent der Stimmen. Das bedeutet ein Minus von 7,3 Prozent. Mit beiden Werten schnitt die Partei deutlich schlechter ab als bei der zeitgleichen Abgeordnetenhauswahl, wo sie 14,0 Prozent erhielt und nur 1,6 Prozent einbüßte. Einen wichtigen Beitrag leisteten jedoch die Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi im Bezirk Treptow-Köpenick und Gesine Lötzsch im Bezirk Lichtenberg, die ihre Wahlkreise verteidigt haben. Da Sören Pellmann in Leipzig ebenfalls seinen Wahlkreis wieder gewonnen hat, darf Die Linke entsprechend ihrer Zweitstimmen in den Bundestag einziehen, obwohl sie die Fünf-Prozent-Hürde knapp verpasste.

Nicht wieder gewonnen hat Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) ihren Wahlkreis im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Sie musste diesen Wahlkreis, der seit 1990 immer an die Sozialisten gegangen war, an den ehemaligen Berliner Sozialsenator Mario Czaja (CDU) abgeben. Außerdem verlor Udo Wolf (Linke) den zuletzt von seinem Genossen Stefan Liebich geholten Wahlkreis Berlin-Pankow an Stefan Gelbhaar von den Grünen. Die Grünen gewannen außerdem in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, der CDU gelang das außer in Marzahn-Hellersdorf noch in Reinickendorf und in Steglitz-Zehlendorf. Die Wahlkreise Spandau, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf gingen an die SPD.

Ergebnisse der Bundestagswahl in der Region

Ergebnis der Bundestagswahl in Berlin: SPD 23,5 Prozent (plus 5,6), Grüne 22,4 (plus 9,8), CDU 15,9 (minus 6,8), Linke 11,4 (minus 7,3), FDP 9,1 (plus 0,1), AfD 8,4 (minus 3,6). Wahlbeteiligung: 75,2 Prozent.

Ergebnis der Bundestagswahl in Brandenburg: SPD 29,5 Prozent (plus 11,9), AfD 18,1 (minus 2,1), CDU 15,3 (minus 11,4), FDP 9,3 (plus 2,2), Grüne 9,0 (plus 4,0), Linke 8,5 (minus 8,7). Wahlbeteiligung: 75,6 Prozent.

Die im Brandenburger Landtag in Fraktionsstärke vertretenen Freien Wähler erhalten hier bei der Bundestagswahl nur 2,6 Prozent, was aber immerhin ein Plus von 1,5 Prozentpunkten im Vergleich zur Bundestagswahl vor vier Jahren bedeutet. In Berlin kommen die Freien Wähler auf 0,9 Prozent (plus 0,5).

Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) erhält in Berlin 2152 Stimmen, in Brandenburg 1992 Stimmen. Das sind je 0,1 Prozent.

Die aus der »Querdenken«-Szene hervorgegangene Partei Die Basis kommt in Brandenburg auf 1,5 Prozent. In Berlin erhält sie gar keine Zweitstimmen. Dort war ihre Landesliste wegen zu spät eingereichter Unterschriften nicht zugelassen worden.

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