- Kommentare
- GEW
Streiks müssen zur Unzeit kommen
Der Warnstreik der Berliner Lehrkräfte - und die künstliche Aufregung der CDU
Beim Wort »Streik« gehen bei vielen Neoliberalen und Konservativen verlässlich die Alarmglocken an. So auch aktuell bei dem für diesen Mittwoch in Berlin angekündigten Warnstreik der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für eine verbindliche Reduzierung der Klassengrößen an den Schulen. Für Dirk Stettner, den bisherigen und wohl auch zukünftigen bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, ist der Streik laut »Tagesspiegel« nichts weiter als eine »Egomanie zur Unzeit auf Kosten von Eltern und Kindern«.
Nun sollten Streiks natürlich immer zur Unzeit kommen. Ansonsten erzeugen sie keinen Druck und wären reichlich sinnlos. Davon abgesehen ignoriert Stettner, dass die GEW nicht einmal 30 der rund 900 Berliner Schulen in den Warnstreik einbezieht - und auch an diesen selbstredend nur die angestellten Lehrkräfte. Das Schulwesen der Hauptstadt wird am Mittwoch also keineswegs zusammenbrechen. Dem CDU-Mann geht es mit seinen Worten wohl zuvorderst um etwas Krawall, insbesondere aber um Stimmungsmache gegen die Interessenvertretung der Lehrkräfte. Das kommt nicht zuletzt bei jenen gut an, die die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer schon während der coronabedingten Schulschließungen gern unter den pauschalen Hängematten-Generalverdacht gestellt haben - was bereits damals Schwachsinn war.
Was Stettner geflissentlich übersieht: Das exemplarische Stärkezeigen der Gewerkschaft für eine tarifvertraglich geregelte Verkleinerung der Klassen und Lerngruppen dürfte im Idealfall auch und vor allem den Schülerinnen und Schülern zugutekommen. Denn zumindest das hat der Wechselunterricht der vergangenen Monate häufig gezeigt: Kleinere Lerngruppen können durchaus für eine entspanntere Atmosphäre im Klassenraum und damit für eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und Lernerfolge sorgen. Allein dafür lohnt es sich, auf die Straße zu gehen.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.