Kliniken in Texas bieten wieder Abtreibungen nach der sechsten Woche an

US-Bundesstaat legt Berufung gegen die Aussetzung des restriktiven Abtreibungsverbots ein

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. Nach der Aussetzung des sehr restriktiven Abtreibungsverbots in Texas nehmen erste Kliniken wieder Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche vor. Das Gesundheitszentrum Whole Woman's Health, zu dem vier Abtreibungskliniken gehören, erklärte am Donnerstag (Ortszeit) bei Twitter, in Einklang mit der Entscheidung eines Bundesrichters entsprechende Behandlungen wieder anzubieten. »Dieses Verbot hat den Texanerinnen geschadet, und jetzt können wir ihnen helfen.«

Durch das restriktive Abtreibungsgesetz hätten viele Patientinnen nur zwei Möglichkeiten gehabt, erklärte das Gesundheitszentrum weiter: »Eine Schwangerschaft gegen ihren Willen auszutragen oder außerhalb des Bundesstaates zu reisen, um eine Behandlung vorzunehmen.«

Derweil teilte der Bundesstaat Texas mit, Berufung gegen die Aussetzung einzulegen. »Wir sind mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden und haben bereits Schritte eingeleitet, um sofort Berufung einzulegen«, sagte der republikanische Generalstaatsanwalt Ken Paxton am Donnerstag.

Kampfplatz Körper
Ultrakonservative Kräfte verwerfen den Status quo - aber auf antirevolutionäre Weise

Am Vortag hatte ein US-Bundesrichter das seit 1. September gültige und hoch umstrittene Gesetz für ein weitgehendes Abtreibungsverbot in Texas vorläufig ausgesetzt. Bundesrichter Robert Pitman hatte am Mittwoch mit seiner Entscheidung einer Klage der Regierung von US-Präsident Biden stattgegeben. Diese hält das texanische Gesetz für verfassungswidrig.

Das strengste Abtreibungsgesetz der USA verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das texanische Gesetz keine Ausnahmen vor.

Nie gelernt: Schwangerschaftsabbruch
Das Thema Schwangerschaftsabbruch kommt im Medizinstudium kaum oder gar nicht vor. Papaya-Workshops sollen Abhilfe schaffen

Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt Menschen anzuschwärzen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeitern könnte dies auch Verwandte oder einen Taxi-Fahrer treffen, der eine Schwangere zur Klinik gebracht hat. Die Hinweisgeber erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar.

Der Supreme Court hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil »Roe v. Wade« das Recht von Frauen auf eine Abtreibung verankert. Abtreibungsgegner hoffen, dass dieses Urteil gekippt werden könnte, nachdem Bidens Amtsvorgänger Donald Trump drei neue Verfassungsrichter ernannt und das Gericht damit weiter nach rechts gerückt hatte.

Einen Eilantrag von Bidens Regierung gegen das texanische Abtreibungsgesetz lehnte der Oberste Gerichtshof Anfang September ab. Der Supreme Court führte dabei allerdings keine inhaltlichen, sondern lediglich verfahrensrechtliche Gründe an. AFP/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Dazu passende Podcast-Folgen:

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal