Die letzte Häutung der AfD steht bevor

Robert D. Meyer über den Abtritt des AfD-Bundessprechers Jörg Meuthen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch wenn Jörg Meuthen in seiner Rundmail an die AfD-Basis etwas anderes behauptet: Seine Zeit als einflussreiche Kraft in der Partei ist mit dem angekündigten Rückzug als Bundesvorsitzender vorbei. Was ihm nach sechseinhalb Jahren an der Spitze bleibt, ist ein Mandat im EU-Parlament, für das sich in der europafeindlichen AfD niemand ernsthaft interessiert.

Europa ist auch jenes Stichwort, mit dem der Rückzug des 60-jährigen Ökonomen aus der ersten Reihe verknüpft sein wird. Dass Meuthen seinen Einfluss auf die Partei längst verloren hat, zeigte sich eindrucksvoll, als ein Bundesparteitag im Frühjahr trotz vehementer Gegenrede des Vorsitzenden beschloss, die Forderung nach einem EU-Austritt Deutschlands ins Wahlprogramm aufzunehmen.

Programmatisch war die AfD damit endgültig auf den Kurs der völkischen Kräfte eingeschwenkt. In der Wahlkampagne auf bürgerliches, harmloses Spießertum zu machen, war nur eine taktische Finte, der letzte Versuch Meuthens, die Partei nach außen irgendwie als konservativ, aber nicht extrem wirken zu lassen.

In ihren Anfangsjahren begann die AfD als rechtspopulistische Partei, mit jedem Wechsel an der Parteispitze nahm der Einfluss der völkisch-nationalistischen Kräfte zu. Rückschläge in diesem Machtkampf, wie der Ausschluss von Björn Höckes Kameraden Andreas Kalbitz, sind rückblickend nicht mehr als eine Randnotiz.

Die Frage ist, was Höcke und die Seinen mit ihrer Macht anstellen: Räumen sie bei den Vorstandwahlen im Dezember die letzten Vertreter*innen des alten Meuthen-Kurses ab, würde sich die Häutung der AfD hin zu einer offen völkischen, nationalistischen und chauvinistischen Partei vollenden. Ob ihr das Stimmenzuwächse bei Wahlen bringt, ist äußerst zweifelhaft. Auf Dauer wird die Parteibasis mit dem aktuellen Zuspruch an der Wahlurne aber nicht zufrieden sein.

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