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Der Präsident

Deniz Yücel wird dem Deutschen PEN-Zentrum vorstehen

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn Schriftsteller zu Terroristen erklärt werden, dann ist es mit der Macht der Mächtigen nicht mehr weit her. Man kann Menschen einsperren, schinden, mundtot machen, sie das Fürchten lehren – aber respektieren werden sie die Macht nur, wenn man Witze über die Mächtigen nicht mit Gefängnis oder Schlimmerem bezahlt. Ach, die Macht, die geliebt werden will und doch nur gefürchtet wird – und am Ende alles fürchtet und allen misstraut.

Deniz Yücel hat im türkischen Gefängnis gesessen. Wegen angeblicher Terrorunterstützung. Dafür reicht im Reiche des Präsidenten ein falsches Wort, eine falsche Bekanntschaft, im Zweifel irgendetwas oder nichts. Wenn Willkür regiert, hat die Logik Sendepause, schlägt die Justiz Purzelbäume. Trotzdem sind Schauprozesse nicht lustig. Da kann man drüber verrückt werden – oder sich auf das Eigene, den Kern, das Unkorrumpierbare besinnen.

Deniz Yücel ist Schriftsteller. Was soll so einer anderes tun als Schreiben? Natürlich hat er über die Zeit im Gefängnis geschrieben. Über die Enge, die Angst. Aber auch diesen ausgetretenen Latschen namens »Solidarität«, der ihn am Ende auch erhobenen Hauptes durch den Gefängnisalltag hat gehen lassen. Nein, wirkliche Macht kommt nicht aus den Gewehrläufen und ja, Solidarität kann eine Waffe sein.

Deniz Yücel ist neuer Präsident des PEN-Zentrums Deutschland. Von Flörsheim am Main auf den Gipfel der Schriftstellergarde. Über das »Präsident« im Titel lacht der 48-Jährige vielleicht. Man kann auch mit »taz«-Vergangenheit und »Jungle World«-Geschichte dorthin gelangen. Heute schreibt Yücel für die »Welt«. Ein richtiger Gedanke, in Satzform gegossen, kann jedem überall auf die Füße treten. Und jeder hat das Recht, mal auf die Füße zu bekommen. Nur die Mächtigen, die kleinen, wollen dieses Recht nicht, auch wenn es von den besten Schreibern gewährt wird. Diese haben mit Yücel als PEN-Präsident einen Verbündeten aus eigener Erfahrung.

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