Nichts gelernt aus drei Covid-Wellen

Die extrem rasante Ausbreitung der Corona-Neuinfektionen hat vor allem politische Gründe

Noch vor kurzem hätte es kaum jemand für möglich gehalten: In Deutschland hat die Zahl der Covid-Neuinfektionen einen neuen Höchststand erreicht. Spätestens jetzt müssten die Alarmglocken auch bei jenen Entscheidungsträgern und vielen Bürgern läuten, die die Pandemie als abgehakt ansahen.

Doch wie konnte es angesichts von 56 Millionen doppelt geimpften Bürgern so weit kommen? Natürlich ist die Delta-Variante des Virus, mit der wir es zu tun haben, cleverer und infektiöser als die Vorgängerin. Doch der eigentliche Grund für die rasante Ausbreitung findet sich im politischen System. In der Vorwahlzeit wurde mit vielen Lockerungen um die Gunst des coronamüden Bürgers gebuhlt, was im entspannten Sommer naheliegend schien. Jetzt wieder in Krisenmodus umzuschalten, schaffen schon viele Länder kaum. Und bis der schwerfällige Bund-Länder-Föderalismus in die Gänge kommt, dauert es erst recht. Hinzu kommt das Interregnum: Die alte Bundesregierung wartet auf die Ablösung, die künftige muss sich erst finden und will sich zudem mit unnötigen Gesetzesnovellen profilieren.

In der Folge konnte sich das Virus in den letzten Wochen ungehindert ausbreiten: besonders in Schulen, bei Großveranstaltungen in Innenräumen, durchs Reisegeschehen, aber jetzt auch in Altersheimen. Hinzu kam die Überschätzung dessen, was die Impfungen bringen. Böse Zungen sprechen davon, die Politik wolle die Pandemie mit einer ungebremsten Durchseuchung beenden. Beabsichtigt hat das sicher niemand, aber die letzten Wochen liefen letztlich genau darauf hinaus.

Das Erstaunliche ist, dass die Entscheider den gleichen Fehler begehen wie in den ersten drei Wellen – zu lange zuzuschauen und viel zu spät zu reagieren. Auch das gehört offenbar zum politischen System: fehlende Selbstkritik und mangelnde Lernfähigkeit.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal