Auch eine ökologische Chance

In den Häfen an der Nordseeküste denken die Manager über eine enge Zusammenarbeit nach

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

»Zusammen können sie es schaffen«, titelte kürzlich »Die Zeit«. Die Häfen in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven könnten mit einer Kooperation ihren Containerumschlag und ihre Auslastung deutlich steigern. Zu diesem Schluss gelangt ein Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger für den Logistikkonzern HHLA.

Demnach haben die drei Häfen im Jahr 2020 addiert 13,7 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen – hätten sie das gemeinsam getan, hätte sich der Umschlag auf bis zu 15 Millionen Container steigern lassen. Damit hätte der norddeutsche Verbund etwa so viel Ware geladen und gelöscht wie Europas umschlagsstärkster Hafen Rotterdam. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) bestätigte auf seiner Jahrespressekonferenz am Mittwoch in Hamburg Gespräche der Unternehmen. Für solche Strategiespiele gibt es gute Gründe.

Die großen Reedereien und Logistikkonzerne suchen verlässliche Abfertigungskapazitäten für ihre immer gewaltigeren Riesenfrachter. Dazu beteiligen sich einige Reedereien an Terminals in den Häfen. Infolge der Coronakrise kam es zu einem unglaublichen Anstieg der Frachtraten. So verzehnfachte Hapag-Lloyd ihren Gewinn. Während die Häfen laut ZDS nur eine »leichte Erholung« spüren, schwimmen ihre Kunden gewissermaßen im Geld, was den Druck auf Hafenbetreiber zusätzlich erhöht. Diese beklagen schon seit Jahren eine »schiefe Marktordnung«.

Die wichtigsten Fahrtgebiete weltweit, Fernost und Atlantik, werden fast vollständig von nur drei Allianzen von Reedereien dominiert. Eine sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung durch die Europäische Kommission in Brüssel erlaubt diese monopolartigen Konsortien.

Dies bekommt auch die traditionsreiche HHLA an der Elbe zu spüren, obwohl sie für zwei Drittel des Hafenumschlags in Deutschlands größtem Seehafen steht. Der Hafen profitiert von seiner geostrategisch günstigen Lage. Die 1885 gegründete Hamburger Hafen und Logistik AG, kurz HHLA, prüft seit Monaten eine Zusammenarbeit der acht Containerterminals in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven.

Im Kern geht es dabei um eine Zusammenarbeit oder Fusion mit Eurogate. Der Bremer Logistikkonzern betreibt Containerterminals in allen drei Häfen und greift bei seinen Strategiediskussionen seinerseits auf eine Studie des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) zurück. Diese weist dem Vernehmen nach auch auf Risiken hin. So dürften sich vor allem für Hamburg kaum sogenannte Synergien mobilisieren lassen. Ohnehin könnte eine Zentralisierung die Häfen eher lähmen. Und über die Lenkung der Ladung entscheiden ohnehin nicht die Häfen, wie mancher Politiker meint, sondern Reeder-Allianzen und Logistikkonzerne wie Kühne oder DHL.

Die Weltmärkte verändern sich nicht zum Vorteil der deutschen Seehäfen, mahnt Norbert Brackmann (CDU), noch amtierender Maritimer Koordinator der Bundesregierung. »Eine engere Zusammenarbeit der Häfen ist aus Sicht der Bundesregierung wünschenswert«, so Brackmann kürzlich. Doch es ist nicht die Bundesregierung und es sind auch nicht die beiden Unternehmensvorstände, die über die Zukunft der Deutschen Bucht – darunter versteht man die drei Seehäfen Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven – (allein) entscheiden. Sowohl an HHLA wie Eurogate halten die genannten Städte maßgebliche Beteiligungen. Auch die Betriebsräte verfügen über eine starke Hausmacht, die bis in die Vorstände reicht. Und von beiden Konzernen werden Aktien an den Börsen gehandelt. Es gibt also auch Druck von privaten Anteilseignern, die auf die Rendite ihrer Kapitalanlagen schauen.

Der Bremer Ökonom Rudolf Hickel sieht die Vermeidung einer Preiskonkurrenz im Mittelpunkt der Gespräche. Kooperation statt Konkurrenz biete aber weitere Chancen: »Der größte Gewinn wäre der Beitrag eines ökonomisch rationalen, ökologisch ausgerichteten Containerumschlags im Kampf gegen die Klimakatastrophe.« Allerdings sollte die Allianz nicht zum Abbau der derzeit geltenden tariflichen Entgelte eingesetzt werden. Das treibt auch Verdi um. »Jede Kooperation kostet Arbeitsplätze«, hat Verdi-Verkehrsexperte Lars Stubbe in der Vergangenheit erfahren.

Zum Stand der Kooperationsgespräche wollte sich ZDS-Präsident und Eurogate-Aufsichtsrat Frank Dreeke aktuell nicht äußern. Es sei Vertraulichkeit vereinbart. Grundsätzlich befürwortet der Verband aber eine engere Zusammenarbeit an der Nordsee, um gegenüber der europäischen Konkurrenz stärker aufzutreten. Davon versprechen sich auch die Ostseeanrainer Vorteile, so ZDS-Vizepräsident Jens Scharner. Die Häfen müssten sich »in ihrer Wettbewerbsfähigkeit anpassen«, ist der Chef von Rostock Port grundsätzlich überzeugt. Ein Großteil des Schiffsverkehrs in der Ostsee hängt von erfolgreichen Nordseehäfen ab.

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