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  • Serie »Das Rad der Zeit«

Mit Magie gegen männliche Gewalt

In der Serie »Das Rad der Zeit« kämpfen Frauen in einer komplexen Fantasywelt um den Erhalt magischer matriarchaler Strukturen

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.

Frauen sind einfach die besseren Fantasyhelden. Das legt nicht nur »Encanto«, Disneys neuester Animationsfilm, nahe. Darin kämpft eine junge Frau aus Kolumbien um den Erhalt der Magie, um eine Gemeinschaft migrantischer Geflüchteter zu schützen, wobei sie mit ihrer großen Brille ein wenig aussieht wie eine queere linksradikale Kulturwissenschaftsstudentin. In der neuesten, massiv beworbenen Amazon-Serie »Das Rad der Zeit«, die von einigen schon als das neue »Games of Thrones« gehandelt wird, ist es in einer fantastischen Welt sogar ausschließlich Frauen vorbehalten, Magie zu nutzen. Denn sobald sich Männer an magischen Fähigkeiten versuchen, was in der matriarchalen Ordnung verboten ist, aber immer wieder vorkommt, verlieren sie den Verstand und werden zu gewalttätigen Mördern. Für gewöhnlich finden sich in der Fantasyliteratur, etwa bei Tolkien und anderen Autoren, nur wenige weibliche Hauptfiguren. Auch bei der in den vergangenen Jahren erfolgreichsten Fantastikreihe des Genres »Harry Potter« dominieren männliche Hauptfiguren. Fantasy inszeniert klassischerweise eher männliche Helden. Weibliche Charaktere fungieren dagegen oft als Elfen oder romantische Projektionsflächen.

Wobei in neueren Fantasywerken immer mehr starke Frauen als handlungstragende Figuren vorkommen, etwa in Philip Pullmans ebenfalls erst kürzlich von HBO und BBC verfilmter Trilogie »His Dark Materials«. Überhaupt scheinen toughe Frauen mit magischen Fähigkeiten und in matriarchalen Parallelwelten in der Filmindustrie gerade en vogue zu sein, wie auch in der Serie »Motherland: Fort Salem«. »Das Rad der Zeit«, in dem es auch um eine matriarchale Ordnung und deren Fortbestehen im Kampf gegen finstere Mächte geht, ist die ebenso opulente wie ambitionierte Verfilmung des gleichnamigen 14-bändigen Fantasyopus des 2007 verstorbenen Robert Jordan. Im Kern bietet die Saga ganz herkömmliche Fantasy mit dem etwas zu holzschnittartigen Kampf von Gut gegen Böse, der zyklisch alle paar Tausend Jahre ausgefochten werden muss und mit einer etwas esoterisch daherkommenden Yin-Yang-Symbolik und einem Gegensatz von weiblich und männlich einhergeht. »Das Rad der Zeit« lebt vor allem vom detailreichen und komplexen Worldbuilding, in dem es untergegangene Reiche, urbane Kulturen, ländliche Regionen und eine in der Serie sehr divers ausdifferenzierte Bevölkerung gibt.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Ganz ähnlich wie bei Tolkien wird ein Heer finsterer Kreaturen recht bildmächtig als Actionspektakel in Bewegung gesetzt, um in diesem Fall gegen die regierende matriarchale Magierinnenkaste der Aes Sedai in den Krieg zu ziehen. Aber auch ein optisch mit seinen weißen Kutten an den Ku-Klux-Klan erinnernder Orden fanatischer Frauenhasser bekämpft die im Grunde feudalistische Herrschaftsstruktur der Magierinnen. Die versuchen die männliche Gewalt im Zaum zu halten, und - wie in der Fantasy üblich - es geht dann auch noch um eine auserwählte Person. Die muss gefunden werden, um gegen das personifizierte Böse zu kämpfen. Nur gibt es plötzlich eine ganze Gruppe möglicher Erwählter, die sich als Kollektiv von Freunden durch diese abenteuerliche Welt kämpfen. Dabei spielen historische Referenzen in diesem Opus an eine ferne Vergangenheit und dazugehörige Rückblenden eine wichtige Rolle. Der eher spätmittelalterlich oder frühneuzeitlich anmutenden Welt, in der »Das Rad der Zeit« angesiedelt ist, steht eine mehrere Jahrtausende zurückliegende science-fiction-artige Vergangenheit gegenüber, in der Menschen in futuristischen Gleitern über gigantische Metropolen hinwegfliegen und die durch männliche Gewalt zerstört wurde. Aber auch soziale Beziehungen in dieser fantastischen Welt, in der Frauen und Männer mitunter in symbiotischen Verhältnissen zueinander stehen, aber auch queere Liebe eine Rolle spielt, sorgen dafür, dass dieses Opus sich für eine zeitgemäße Filmadaption eignet, die perspektivisch auf mehrere Staffeln angelegt ist und mit einem wirklich spannenden Cliffhanger endet, der Lust auf mehr macht.

»Das Rad der Zeit« - auf Amazon Prime.

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