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Kompliziert statt einfach
Lisa Ecke zu Sozialleistungen, die nicht bei Berechtigten ankommen
Staatliche Sozialhilfen bringen nichts, wenn sie nicht bei denen ankommen, für die sie gemacht wurden. Und wenn jeder sechste Haushalt in der Corona-Pandemie auf Grund von finanziellen Einbußen einen Hilfebedarf hatte, aber keine Unterstützungsmaßnahmen erhalten hat, dann sind diese Hilfen offensichtlich zu schwer zugänglich. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern für Betroffene geradezu dramatisch. Denn besonders häufig bekommen diejenigen keine Unterstützung, die sowieso finanziell sehr schlecht dastehen. Geringfügig Beschäftigte, Menschen ohne oder nur mit gelegentlicher Erwerbsarbeit und Alleinerziehende haben während der Coronakrise viel seltener als andere Gruppen Unterstützungsleistungen beantragt. Trotz Hilfebedarfs. Es ist gradezu grotesk, dass vor allem überdurchschnittlich häufig von Armut bedrohte Menschen die Sozialleistungen nicht erhalten.
Neu ist das jedoch nicht. Auch die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche in Hartz IV kommen bei jedem siebten berechtigten Kind nicht an. Die Gründe sind immer dieselben: Hohe bürokratische Hürden, fehlendes Wissen über die eigene Anspruchsberechtigung oder auch Scham. Dabei geht es auch anders. Das Bonus-Kindergeld wurde unkompliziert automatisch an alle Berechtigten ausgezahlt.
Damit nicht so viele Menschen von Sozialleistungen ausgeklammert bleiben, müssten diese immer so niedrigschwellig sein. Dass dies möglich ist, zeigt auch die vereinfachte Antragsstellung auf Grundsicherung, die während der Pandemie eingeführt wurde. Solch unbürokratischere Hilfe ist aber wohl nur für diejenigen gedacht, die vor der Pandemie noch nicht von Armut bedroht waren. Warum sonst sind Unterstützungsleistungen so konzipiert, dass sie viele nicht erreichen?
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