Kein Bienchen für besorgte Eltern

Rainer Rutz über die unnötigen Hürden bei der Aussetzung der Präsenzpflicht an Berlins Schulen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Man wünschte sich, der viel kritisierte Corona-Stufenplan für die Berliner Schulen wäre ebenso detailverliebt wie das am Dienstag von der Senatsbildungsverwaltung aufgesetzte Rundschreiben zu den Bedingungen für eine Befreiung von Schülerinnen und Schülern von der Anwesenheitspflicht in vollen Klassenzimmern.

Die hierin enthaltenen Regelungen sind dabei nicht einmal durchweg in sich stimmig. So sollen diejenigen, die zu Hause bleiben, ebendort zwar weiter Unterrichtsaufgaben erledigen - was angesichts ansonsten zu befürchtender Lernrückstände absolut vernünftig ist. Zugleich bekommen sie aber im Zeugnis einen stigmatisierenden Sondervermerk.

Auch der Umstand, dass die Schulleitungen dringend ersucht werden, auf die betreffenden Kinder und Jugendlichen einzuwirken, damit diese sich gegen die zuvor getroffene Entscheidung der Eltern stellen, widerspricht eklatant den Beteuerungen aus der Vorwoche, man nehme die Ängste der Sorgeberechtigten vor Infektionen im Schulumfeld ernst.

Tatsächlich richtet sich der Blick der Bildungsverwaltung offenkundig nun schon wieder weniger auf die Eltern, sondern auf Schulschwänzer. Die sogenannte Schuldistanz ist unbestritten ein Problem. Aber wenn schon der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die das Instrument der ausgesetzten Präsenzpflicht in Anspruch nehmen, kaum drei Prozent überschreiten soll: Wie klein ist dann erst die Gruppe, die das Mittel nutzt, um unkompliziert blauzumachen? Und seit wann wartet man hierfür auf einen »Mutti-Zettel«?

Statt die ohnehin besorgten Eltern abermals gegen sich aufzubringen, hätte sich die Bildungsverwaltung in dem Fall besser an die Maxime »Weniger ist mehr« halten sollen. Das hätte unnötigen Ärger erspart.

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