Flüchtlinge erster Klasse

Christian Klemm über eine »Willkommenskultur« in Kriegszeiten

»Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher.« Dieses Zitat aus George Orwells Fabel »Farm der Tiere« beschreibt sehr gut, was aktuell im Ukraine-Krieg zu beobachten ist. Nach dem russischen Angriff sind laut UN-Angaben rund 100 000 Menschen in dem Land auf der Flucht. Die UN stellen sich sogar auf bis zu vier Millionen Flüchtlinge ein, sollte sich die Situation in den umkämpften Gebieten weiter verschlechtern. Tausende sind bereits jetzt in die Nachbarländer unterwegs. Zum Beispiel nach Polen, das im Westen an die Ukraine grenzt.

Sein Land werde »so viele, wie an unseren Grenzen sein werden«, aufnehmen, erklärte Polens Innenminister Mariusz Kaminski. Polen? Hat sich gerade das Land zu Wort gemeldet, das sich stets gegen die Aufnahme von Schutzsuchenden aus Kriegsgebieten im Nahen und Mittleren Osten gesperrt hat? Das Land, das arabische Familien an der Grenze zu Belarus hat im Dreck campieren und frieren lassen? Für Warschau gibt es offenbar gute und schlechte Flüchtlinge. Oder um es anders zu formulieren: Menschen erster und zweiter Klasse. Ukrainer zählen offensichtlich zur ersten Kategorie. Ob dabei auch die von Polen stets betonte Feindschaft zu Russland eine Rolle spielt? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

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Polen ist mit dieser Haltung nicht allein. Auch die Slowakei will die Grenzen für Geflüchtete aus der Ukraine offenhalten, weigerte sich zum Beispiel aber in jüngster Vergangenheit, muslimische Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Tschechien bot ebenfalls Schutz für Geflüchtete aus der Ukraine an. Bei Syrern, Afghanen, Irakern und Somalis dagegen zeigt Prag oft eine andere Haltung.

Jeder Mensch hat das Recht, vor Krieg und Verfolgung zu fliehen – egal, ob er aus Afrika, Osteuropa, dem Nahen Osten oder von sonst wo herkommt. Dass zwischen Flüchtlingen aus Kriegsgebieten aber dennoch ein Unterschied gemacht wird, dafür gibt es nur ein zutreffendes Wort: menschenfeindlich.

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