Baskischer Journalist in den Fängen der Geheimdienste

Polen hält spanischen Reporter nach seiner Verhaftung wegen »Spionage für Russland« weiter in Kontaktsperre

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Madrider Rechtsanwalt Gonzalo Boye ist außer sich: »Das geschieht in einem EU-Mitgliedsland«, empört er sich im Gespräch mit »nd«. Das Geschehen: Seit dem 28. Februar ist sein Mandant, der Journalist Pablo González in Polen inhaftiert; dem in Russland geborenen Basken wird »Spionage« für Russland vorgeworfen. Nach zwei Wochen ohne Kontakt zu seinem Anwalt und seiner Familie habe Polen ihm einen Pflichtverteidiger zugewiesen. Der sei aber »nicht über die von den polnischen Behörden genannten Kontaktdaten zu erreichen«, sagt Boye. Er spricht vom »Königreich des Absurden« und erinnert Polen daran, EU-Mitgliedstaat zu sein, für den die »Grundrechtecharta der EU gilt«. Dazu gehören auch »Unschuldsvermutung und Verteidigerrechte«. González war sogar tagelang an einem unbekannten Ort ohne anwaltliche Vertretung vernommen worden, bevor man ihn in Untersuchungshaft nahm. Dort muss er vermutlich drei Monate sitzen, bis Polen entscheidet, ob Anklage erhoben wird.

Erst nach etwa einer Woche wurde Boye vom spanischen Konsulat mitgeteilt, dass sein Mandant sich im Gefängnis in Rzeswów befindet. Dabei erfuhr Boye, »dass Pablo González wegen Spionage gemäß Artikel 130.1 des polnischen Strafgesetzbuches« angeschuldigt wird. Er hatte zuletzt in der Grenzstadt zur Ukraine Przemysl gearbeitet und von dort unter anderem für den spanischen TV-Sender »La Sexta« über die Geflüchteten aus der Ukraine berichtet.

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Boye drängt auf einen Besuch bei seinem Mandanten. Er will die »Beweise« sehen, die Polen vorgibt zu haben. Klar ist, dass González seit Langem ausgespäht wird. Nach einer Recherche in der Ostukraine war er schon am 6. Februar vom ukrainischen Geheimdienst in Kiew festgenommen und als angeblicher »russischer Spion« verhört worden. Vor seiner Verhaftung in Polen hatte der spanische Geheimdienst CNI seine Familie und Freunde im Baskenland verhört, woraufhin er die Ukraine verließ. Die spanische Verteidigungsministerin Magarita Robles hat bestätigt, dass der CNI gegen den Journalisten ermittelt hat. Dokumente der »Open Society Foundations« des ungarischen Multimilliardärs George Soros, die 2016 auf dem Portal »DC Leaks« veröffentlicht wurden, zeigen González auf einer Liste mit 49 Namen, denen schon damals »pro-russische Meinungsmache« vorgeworfen wurde. Darunter befanden sich auch der spanische Europaparlamentarier der »Vereinten Linken« Javier Couso oder die Journalistin im öffentlich-rechtlichen spanischen Fernsehen TVE Pilar Requena.

Bis heute weiß Boye nicht, was seinem Mandanten konkret vorgeworfen wird. Bisher gibt es nur Medienberichte, wonach sich Polen unter anderem darauf stütze, dass Gonzalez über zwei Pässe mit verschiedenen Namen verfügt. Es wird geschlussfolgert, sie seien gefälscht. Die beiden Pässe mit unterschiedlichen Namen erklären sich für die Onlinezeitung »Público«, für die er auch arbeitet, einfach. Denn González ist Sohn eines Kriegskindes. Seine Mutter wurde im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), wie viele andere Kinder, im Ausland in Sicherheit gebracht. Sie landete in der Sowjetunion, wo González geboren wurde. Deshalb verfügt er über eine doppelte Staatsangehörigkeit und über einen russischen Pass auf den Namen Pavel Rubtsov und einen spanischen Pass auf den Namen Pablo González, erklärt »Público«.

Medienberichte in Polen zu dem Fall entbehren meist jeder Recherche. So berichtete der öffentlich-rechtliche Fernsehsender TVP noch am Dienstag, González »behauptet, Journalist zu sein«. Eine minimale Recherche im Internet hätte bereits ergeben, dass er seit etlichen Jahren als freier Journalist für verschiedenste Medien arbeitet. Sogar in einer offiziellen Mitteilung der polnischen Regierung heißt es, González habe seinen Journalistenstatus benutzt, um sich frei in Europa bewegen zu können, »eingeschlossen in Gebieten mit bewaffneten Konflikten«. Vorgeworfen wird ihm darin, als Agent für den russischen Militärgeheimdienst zu arbeiten.

Diverse Journalistenorganisationen, darunter auch Reporter ohne Grenzen, haben gegen die Inhaftierung von Pablo González protestiert und seine sofortige Freilassung gefordert. Auch der Europarat hat inzwischen von Polen Aufklärung gefordert, nachdem sich das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) in den Fall eingeschaltet hat. Die Reaktion von Polen steht jedoch noch aus.

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