Zur Staatsfeindin stilisiert

Jana Frielinghaus zum Urteil gegen Klimaaktivistin »Ella«

Polizisten, die ihren eigenen früheren Aussagen widersprechen, Gewaltvorwürfe, die sich nicht aufrechterhalten ließen: Eine Einstellung des Verfahrens gegen Klimaaktivistin »Ella« wäre das Gebot der Stunde gewesen. Zumal sie bereits 16 Monate ununterbrochen im Gefängnis sitzt. Ließ sich die überlange Haft vor dem Berufungsprozess noch damit rechtfertigen, dass Ella ihre Identität nicht preisgeben will, so hätten die Zeugenaussagen der vermeintlich Geschädigten ihre Freilassung spätestens jetzt erfordert.

Doch die Justiz wollte offenbar ein Exempel statuieren. Bezeichnend die Einlassungen der Staatsanwältin darüber, dass die Angeklagte »den Rechtsstaat mit Füßen getreten« habe. Der Richter verhängte zwar eine niedrigere Haftstrafe als die erste Instanz. Dafür aber eine, die weitere fünf Monate Haft für »Ella« bedeutet. Dies, obwohl vieles für die Angaben der Verteidigung spricht, dass vielmehr die SEK-Beamten unangemessene Gewalt gegen die Waldbesetzerin anwendeten, als sie sie aus 15 Metern Höhe von einem Baum holten. Für die Staatsanwältin zählt dennoch nur, dass die Polizisten sich »zumindest subjektiv in Lebensgefahr befunden« hätten. Ein groteskes Rechtsverständnis - das einem aber aus Prozessen gegen Teilnehmende der Proteste gegen den G7-Gipfel bekannt vorkommt.

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