Die richtigen Brosamen

Ulrike Henning sieht Gesundheit nicht als Krisengewinner

Die Vorschläge zur (zeitweiligen) Senkung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel hatten nur eine kurze Halbwertzeit. Die Debatte, wie die Belastung der Bevölkerung weiter abgefedert werden kann, verharrte kaum bei diesem Thema, bevor sie – unter anderem abgeblockt von der FDP – wieder in der Versenkung verschwand.

Nun gehören Ausgaben für Lebensmittel wie auch die für Heizkosten und Miete in einkommensschwachen Haushalten zu den Posten, die den größten Anteil ausmachen. Es geht jedoch im Moment nicht um langfristige Sozialpolitik, sondern nur darum, die absehbar steigenden Ausgaben und Einnahmen im Staatshaushalt auszubalancieren. Immer noch dürfen Vermögende und Erbende eben nicht »verprellt« werden, müssen Besitzstände gewahrt und Industrien umgebaut werden. Die Herausforderung wächst dadurch, dass Corona- und Kriegsfolgen bewältigt werden müssen ebenso wie Wirkungen von Rohstoffspekulation. Nur reiche Staaten wie Deutschland können ihren ärmsten Bürgern noch ab und an Brosamen gewähren. Dass das weder ausreicht noch nachhaltig ist, liegt auf der Hand.

Im Krisenmanagement lösen kleinste Versuche eines Kurswechsels überdimensionierte Hoffnungen aus. Letztere werden sich als Illusion erweisen. Wenn die Entscheidung für erneuerbare Energien jahrelang verschleppt wurde, kann sie nicht in einigen Monaten harter Rohstoffsanktionen herbeigezaubert werden. Ähnliches gilt, in geringerem Maßstab, für Lebensmittel: Wem die Gewinne von Großerzeugern wichtiger waren als Impulse für eine gesunde Ernährung etwa durch höhere Steuern auf Zuckerhaltiges, der darf nicht hoffen, dass nun plötzlich mehrwertsteuerbefreites Obst und Gemüse die Verbreitung von Übergewicht und Diabetes reduziert. Der Gürtel muss natürlich enger geschnallt werden. Aber durchaus nicht im Sinne einer gesünderen Lebensweise.

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