Weigerung zu kämpfen

Moritz Wichmann über die Politik der US-Demokraten

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass Errungenschaften wie das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht ausgebaut, sondern eingeschränkt werden, kommt weltgeschichtlich selten vor und ist ein Anzeichen für die demokratische Rückentwicklung, die die USA derzeit vollzieht. Führende Demokraten wie Nancy Pelosi machen dafür zu Recht vor allem die Republikaner verantwortlich, die Rechtsaußen-Richter in den Supreme Court gehievt haben.

Doch die Demokraten trifft ebenfalls eine Schuld, es soweit kommen lassen zu haben. Denn: Das Recht auf Abtreibung und auch die Demokratie selber werden nur erhalten werden können, wenn beides nicht nur verteidigt, sondern ausgebaut wird. Dabei steht der Partei zu viel Institutionalismus und Respekt vor Regierungstraditionen im Weg.

Pelosi etwa spricht sich zwar wortreich für das Recht auf Abtreibung aus, unterstützt aber in einer Vorwahl in einem Wahlkreis in Texas den letzten Demokraten-Kongress-Abgeordneten, der Abtreibung ablehnt, gegen eine progressive Herausforderin. Weil es Fraktionspolitik ist, Amtsinhaber zu unterstützen. Die Demokraten im Senat wollen zwar ein Recht auf Abtreibung gesetzlich verankern. Doch ihre Führung um Senator Chuck Schumer will dafür nicht das Filibuster-Senatsquorum von 60 von 100 Stimmen abschaffen beziehungsweise zwei konservative Demokraten-Senatoren, die dies blockieren, öffentlich und massiv unter Druck setzen.

Präsident Joe Biden lässt zwar eine Kommission studieren, ob man die Zahl der Richter am Obersten Gericht erhöhen kann, um die durch undemokratische Verfahrenstricks zustande gekommene konservative Mehrheit auszugleichen, nutzt aber nicht den »Lautsprecher« der Präsidentschaft, um dafür zu agitieren. Kurzum: Teile der Partei weigern sich zu kämpfen. Nur weitere Wahlen gewinnen zu wollen, reicht nicht.

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