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Obergrenze statt Zahlenspielerei
Die neuen Klimaprognosen eröffnen scheinbaren Spielraum für die Emissionsminderungsziele
Man kennt das seit vielen Jahren: Mit Bestürzung reagieren politisch Verantwortliche auf aktualisierte Prognosen zum Klimawandel. Und mit dem Versprechen, sich jetzt aber ins Zeug zu legen, um das UN-Ziel zu schaffen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Noch sei ja Zeit. Dieses Hinausschieben funktioniert aber nicht mehr – die Weltmeteorologieorganisation (WMO) hält es für 50 Prozent wahrscheinlich, dass bis spätestens 2026 die Marke fallen wird. Zumindest vorübergehend, aber wohl noch nicht im langfristigen Mittel.
Der Hinweis, dass die Temperaturen nach Überschreiten der Marke auch wieder etwas sinken können, findet sich seit einiger Zeit in offiziellen Prognosen. Was wohl als Mutmacher gedacht ist, dass es noch nicht zu spät ist zu handeln, scheint aber von Regierungen anders aufgefasst zu werden – nämlich als Hinweis, dass das Ziel gar nicht ganz ernst zu nehmen ist. Überhört wird die Warnung von WMO-Generalsekretär Petteri Taalas, die 1,5 Grad seien »nicht irgendeine Statistik«.
Hierbei geht es tatsächlich nicht um Zahlenspielereien, sondern um die Grundlage aller nationalen CO2-Reduktionsanstrengungen. Die legen derzeit ohnehin eine Pause ein, da als Folge des Ukraine-Kriegs im Energiebereich alles andere wichtiger erscheint. Die EU strebt hektisch neue fossile Gasanlagen an, Schwellenländer kramen alte Kohlekraftwerksausbaupläne hervor. Gerade deshalb wäre es wichtig, nicht auch noch die 1,5‑Grad-Marke aufzuweichen.
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