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In der Minderheit
Curitibas Stadtrat Renato Freitas fliegt nach Aktion gegen Rassismus
Abgesehen von der Messe ist Curitibas konservativen Politikern wenig heilig. Wiederholt musste der Ethikrat des Stadtrats der Metropole im südbrasilianischen Bundesstaat Paraná nach tiefen Griffen in öffentliche Kassen, Stimmenkauf und ähnlich unmoralischen Vergehen tätig werden. Das gab dann schon mal eine kleine Verwarnung, bevor alles so weiterlief wie immer.
Völlig anders sieht es im Fall Renato Freitas aus. Am Mittwoch beschloss das Gremium, erstmals von der Höchststrafe Gebrauch zu machen und dem Stadtverordneten von der Arbeiterpartei PT das Mandat zu entziehen. Eine Bestätigung des Ausschlusses durch das Plenum gilt als sicher. Ins Abseits gestellt hat Freitas sich in den Augen seiner konservativen Kollegen dadurch, dass er mit einer Handvoll Demonstranten friedlich in Curitibas Rosário-Kirche spazierte und dort eine kurze Rede hielt. Die Aktion richtete sich gegen den Rassismus und erinnerte an den kongolesischen Einwanderer Moïse Kabagambe, der am 24. Januar in Rio von einem Barbesitzer und dessen Helfern totgeschlagen wurde, als er ausstehenden Lohn einforderte. Die feinen Herrschaften im Stadtrat, von denen sich Freitas politisch, charakterlich, nach Hautfarbe, sozialer Herkunft und als Bewohner der ärmeren städtischen Peripherie gründlich unterscheidet, sprechen von einem Akt des Vandalismus während der heiligen Messe – obwohl der Politiker nicht ins Hochamt geplatzt war. Ihre religiösen Gefühle ließen den Mitgliedern des Ethikrats keine andere Wahl. Da half es auch nichts, dass die Erzdiözese um Milde für Freitas bat.
Erst Anfang des vergangenen Jahres war der 1982 in Sorocaba im Hinterland von São Paulo geborene Rechtswissenschaftler und Strafverteidiger erstmals in Curitibas Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Bildung, Wohnen und der Einsatz für die unterdrückte und ausgebeutete schwarze Jugend sind hier seine Schwerpunkte. Freitas erhält jetzt viel Solidarität, seinen Kampf aufgeben wird er nicht.
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