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Machtprobe in der Koalition
Nicolas Šustr über Privatisierungsideen des Berliner Stadtentwicklungssenators
Es ist eine dünnes Band, das die Berliner Koalition aus SPD, Grünen und Linke in den Fragen von Wohnen und Stadtentwicklung zusammenhält. Und während SPD-Fraktionschef Raed Saleh bei der Fraktionsklausur der Grünen noch lobt, dass man mit dem harten Kampf bei der Aushandlung des Koalitionsvertrags eine gute Basis für eine Zusammenarbeit bis 2026 gelegt hat, rüttelt sein Parteifreund, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, heftig an den vereinbarten Grundsätzen.
Denn der von ihm vorgeschlagene Verkauf von Wohnungen landeseigener Unternehmen an Mieterinnen und Mieter ist nicht nur eine alternative Interpretation des Führungsdokuments: Er will damit Grundsätze einreißen, behauptet aber dreist, dass dies vom Koalitionsvertrag gedeckt sei. »Die Koalition setzt den Weg fort, grundsätzlich keine landeseigenen Grundstücke zu veräußern«, heißt es auf Seite 17 der Vereinbarung von SPD, Grünen und Linke. »Die Privatisierung der Wohnungen der Landes-Wohnungsunternehmen schließen wir aus und wollen das in der Berliner Verfassung verankern«, steht auf Seite 22. Eigentlich dürfte es kein Vertun geben.
Es muss schon ein sehr gewolltes Missverständnis sein, wenn Geisel den Satz »Jenseits der Refinanzierung durch öffentliche Förderung wird die Möglichkeit der Refinanzierung durch einen Anteil von Eigentumswohnungen eröffnet« von Seite 17 auf öffentliche Wohnungsbaugesellschaften bezieht. Denn er ist eindeutig auf das kooperative Baulandmodell gemünzt – und zwar für private Grundstückseigentümer.
Während beim Thema Ablehnung der A100-Verlängerung der Koalitionskompromiss bisher stabil hält, sägt Andreas Geisel permanent an den Vereinbarungen und schürt damit die Konflikte noch weiter. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat damit den Bock zum Gärtner gemacht.
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