- Politik
- Krise der Linken
Mit Bewegungen die Linkspartei retten
Das Netzwerk Marx21 fordert die Partei dazu auf, enger mit Frauen-, Klima- und Antirassismus-Aktivisten zusammenzuarbeiten
In der Linken kursieren zurzeit diverse Papiere und Stellungnahmen, wie die schwere Krise der Partei überwunden werden könnte. Auch der Koordinierungskreis des Netzwerks Marx21 hat sich mit einem Papier zu Wort gemeldet. Die Verfasser weisen allerdings darauf hin, dass es sich dabei nicht um eine endgültige, unveränderliche Stellungnahme handelt. Eine bekannte Unterstützerin des Netzwerks ist die frühere Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz. Im September 2020 war bekannt geworden, dass die heutige Parteivorsitzende Janine Wissler wegen ihrer damaligen Kandidatur ihre Mitgliedschaft bei Marx21 ruhen lässt.
Die Genossen des Netzwerks sind bemüht, Optimismus für die Zukunft der Linken zu verbreiten. Ansatzpunkte sehen sie etwa in Protesten gegen die Aufrüstung- und Verarmungspolitik der Bundesregierung. »Noch ist der Widerstand gegen das Sondervermögen für die Bundeswehr in der öffentlichen Debatte und auf der Straße schwach und vereinzelt«, räumen die Verfasser ein. Doch im Untergrund rumore es. »Von den großen Gewerkschaften hat sich Verdi, von den kleineren die Bildungsgewerkschaft GEW klar gegen die Aufrüstung ausgesprochen.« Der Rückhalt in der Bevölkerung für SPD, Grüne und FDP könne bröckeln, wenn klar werde, dass der Staat das Geld, das er in Kampfbomber stecke, der öffentlichen und sozialen Infrastruktur vorenthält. Der Bundestag hatte am Freitag den Weg für das 100 Milliarden Euro schwere Sonderprogramm zur Ausrüstung der Bundeswehr frei gemacht. Unterstützung erhielten die Regierungsparteien dabei von der oppositionellen Union.
Aus Sicht des Netzwerks Marx21 hat die Bundesregierung denjenigen wenig zu bieten, die unter der Inflation leiden. »Sie bedeutet eine Massenverarmung, die noch über die Effekte des Armutsprogramms Agenda 2010 hinausgeht«, heißt es in dem Papier. Die Regierung unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sitze auf einem politischen und sozialen Pulverfass.
Damit es für die Linke in den Umfragen und bei Wahlen wieder nach oben geht, fordern die Verfasser eine engere Zusammenarbeit mit den Bewegungen. Dabei nennen sie Proteste gegen Rassismus, gegen die Klimakatastrophe und die Frauenbewegung. Perspektive für die Linkspartei sehen sie zudem in gewerkschaftlichen und sozialen Kämpfen und werfen ihrer Partei vor, dass das zu wenig geschehen sei.
Die Kritik richtet sich explizit gegen Teile der Partei um die frühere Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Diese setzten auf Abgrenzung zu diesen Bewegungen und behaupteten fälschlicherweise, die Partei würde den Blick auf lohnabhängig Beschäftigte und Arme verlieren. Das habe programmatisch nie gestimmt. Wagenknecht und weitere Politiker der Linken hatten kürzlich den »Aufruf für eine populäre Linke« gestartet und die Partei dazu aufgefordert, sich auf die Themen sozialer Ausgleich und Frieden zu konzentrieren. Der Aufruf wird von mittlerweile mehr als 5000 Menschen unterstützt.
Auch die Reformer in der Linken werden von Marx21 kritisiert. Sie verfolgten die Taktik, als Funktionspartei zu überleben, die die SPD nach links ziehe und für Koalitionen mit den Sozialdemokraten bereit steht. »Bei der Bundestagswahl 2021 führte dieser Kurs in die Vollkatastrophe.« Die beiden genannten Strömungen mit ihren wichtigsten Vertretern Sahra Wagenknecht und Fraktionschef Dietmar Bartsch hätten innerparteilich ein Machtbündnis gebildet, das Hufeisen, und somit wichtige Strukturen wie die Bundestagsfraktion fest im Griff.
Allerdings lässt sich die Realität in der Partei nicht ganz so einfach beschreiben. Denn zuletzt waren auch Konflikte zwischen Teilen des Reformerflügels und Wagenknecht sichtbar. Der Thüringer Minister und Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff hatte den »Aufruf für eine populäre Linke« kürzlich mit den Worten kommentiert: »Der Aufruf führt bedauerlicherweise die Legende weiter, dass die Linke die Interessen ihrer Kernwählerschaft vergessen hätte. Dem widerspreche ich weiterhin beharrlich.«
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