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Bundesrat stimmt für Bundeswehr-Aufrüstung

Länderkammer beschließt weitere Gesetze zu Corona-Boni, Renten und Mindestlohn

  • Lesedauer: 5 Min.

Berlin. Das Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr kann anlaufen. Nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes beschlossen. Damit dürfen unter Umgehung der Schuldenbremse Kredite von 100 Milliarden Euro aufgenommen werden, um die Streitkräfte besser auszurüsten. Die Länder votierten mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung. Nur Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, in denen die Linke an der Regierung beteiligt ist, enthielten sich. Der Bundesrat ließ anschließend auch das Gesetz für die Einrichtung des Sondervermögens passieren, aus dem die Finanzierung erfolgen soll.

In das Grundgesetz wird ein neuer Artikel 87a aufgenommen. Er regelt die Kreditaufnahme für das Sondervermögen an der Schuldenbremse vorbei. Mit dem Geld sollen in den kommenden Jahren neue Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Panzer und Munition angeschafft werden. Es geht aber auch um Ausrüstung wie Nachtsichtgeräte und Funkgeräte.

Einige Rüstungsprojekte sind schon angeschoben: Darunter ist der geplante Kauf von F-35-Tarnkappenflugzeugen sowie die Beschaffung von 60 schweren Transporthubschraubern des Modells CH-47F für den Lufttransport von Soldaten und Material.

Corona-Bonus für Pflegekräfte kommt

Ebenfalls vom Bundesrat verabschiedet wurde der Corona-Bonus für Pflegekräfte wegen besonderer Belastungen in der Pandemie. Die Länderkammer billigte ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz, das insgesamt eine Milliarde Euro dafür vorsieht – je zur Hälfte für Beschäftigte in der Altenpflege und für Pflegekräfte in Krankenhäusern. Vorgesehen ist ein steuerfreier Bonus von bis zu 550 Euro in der Altenpflege. Für Beschäftigte in Kliniken gibt das Gesetz einen Mechanismus zur Ermittlung der profitierenden Beschäftigten und zur Bonus-Höhe vor.

Das Gesetz regelt außerdem, dass Apotheken künftig auch regulär Grippeimpfungen anbieten können. Demnach sind sie grundsätzlich dazu berechtigt, wenn das Personal dafür geschult wurde. Bislang war dies nur in Modellprojekten möglich. Seit Anfang Februar können Apotheken auch schon bundesweit Corona-Impfungen vornehmen.

Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger weitgehend ausgesetzt

Grünes Licht gab der Bundesrat zudem für die auf ein Jahr befristete Aufhebung von Sanktionen bei Pflichtverstöße von Hartz-IV-Empfängern. Der Bundestag hatte die Regelung zur Änderung des Sozialgesetzbuches bereits im Mai beschlossen.

Mit dem neuen Gesetz gibt es Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger nur noch bei außergewöhnlichen Meldeversäumnissen – und dann auch nur noch in einer Höhe von zehn Prozent statt bisher bis zu 30 Prozent der Bezüge. Das heißt: Wer etwa einen Termin beim Jobcenter versäumt, muss mit einem entsprechenden Abzug rechnen. Die Weigerung, einen Job anzunehmen, soll hingegen nicht mehr zu einer Sanktion führen.

Die Aussetzung der Hartz-IV-Sanktionen, die ein Jahr gelten soll, bildet die Vorstufe zu dem von der Ampel-Koalition geplanten Bürgergeld, das im kommenden Jahr das bisherige Hartz-IV-System ersetzen soll. Im Zuge des Bürgergeldes, das SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, sollen dann die Mitwirkungspflichten der Leistungsempfänger und etwaige künftige Sanktionen neu geregelt werden.

Renten und Mindestlohn steigen

Die Länderkammer machte zudem den Weg frei für die bevorstehende Rentenerhöhung in Rekordhöhe. Auch wer aus gesundheitlichen Gründen schon lange nicht mehr arbeiten kann, erhält mehr. Die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten vom 1. Juli an deutlich höhere Bezüge. Im Westen steigen die Renten zum 1. Juli um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent. Damit fällt die Rentenanpassung so stark aus wie seit Jahrzehnten nicht. Verbesserungen gibt es auch für Menschen mit krankheitsbedingter Berufsunfähigkeit. Wer schon seit längerer Zeit eine Erwerbsminderungsrente bezieht und von Reformen seit 2014 nicht profitieren konnte, wird bessergestellt. So erhalten künftig Rentnerinnen und Rentner, die von 2001 bis 2018 in Erwerbsminderungsrente gingen, Zuschläge. Insgesamt sollen von diesen Zuschlägen rund drei Millionen Rentnerinnen und Rentner profitieren.

Millionen Beschäftige erhalten zudem ab 1. Oktober höhere Löhne. Der Bundesrat ließ die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ab 1. Oktober auf 12 Euro je Stunde passieren. Mit dem Verzicht der Länderkammer auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses nahm der Anstieg der Lohnuntergrenze die letzte Hürde in der Gesetzgebung. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro brutto. Zum 1. Juli steigt er turnusmäßig auf 10,45 Euro, zum 1. Oktober dann auf 12 Euro je Stunde. Zugleich steigt die Grenze für Minijobs im Oktober von 450 auf 520 Euro im Monat.

Der Bundestag hatte die Gesetzesvorlage von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Woche zuvor beschlossen. Der Gesetzentwurf geht von heute etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einem Stundenlohn unter 12 Euro aus. Später soll für die Festsetzung der Lohnuntergrenze wieder die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zuständig sein. Die nächste Anpassung ist für 1. Januar 2024 vorgesehen. Agenturen/nd

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