Hitzeschutz als solidarische Aufgabe

Berlin startet Hitzehilfe für Obdachlose. Lieferando-Fahrer fordern Betriebsstopp

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.

An diesem Mittwoch wird in Berlin und Brandenburg der Höhepunkt der Hitzewelle erreicht. Laut Deutschem Wetterdienst sollen die Temperaturen auf 34 bis 40 Grad klettern. In der Nacht kann es der Vorhersage zufolge stellenweise auch regnen oder gewittern, eine Abkühlung ist bei Tiefstwerten zwischen 18 und 23 Grad jedoch nicht in Sicht.

Besonders für Ältere, Kranke, Schwangere und Kinder kann die Hitze eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, weshalb Hitzeschutz-Angebote als »eine zutiefst gesellschaftliche, solidarische Aufgabe« gesehen werden sollten, so Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. »Wir müssen gerade auf die achten, die sich nicht so gut vor Hitze schützen können, zum Beispiel die vielen Obdachlosen in dieser Stadt. Die sind besonders betroffen von der Hitze«, sagt Bobbert. Berlin sehe er mit dem Hitzeschutzbündnis im Gesundheitswesen gut auf die hohen Temperaturen vorbereitet. Dennoch schloss er sich der Forderung nach einem bundesweiten Hitzeschutzplan an.

Hitzehilfe für Obdachlose gestartet

Für Obdach- oder Wohnungslose startete am Montag an der Kurmärkischen Straße in Schöneberg das Modellprojekt Hitzehilfe des Sozialverbandes IB Berlin-Brandenburg. Dort können sich Betroffene tagsüber aufhalten, duschen und ausruhen, sie bekommen Essen, Getränke und bei Bedarf Thermosflaschen, Kleidung oder Sonnenschutzprodukte, wie der IB mitteilte.

Für die Hitzehilfe des sozialen Trägers Karuna sind laut Sozialverwaltung zudem 23 Obdachlosen-Lotsen in der Stadt unterwegs. Sie verteilen Wasser, Sonnencreme, Brillen oder Hygieneartikel und rufen notfalls medizinische Hilfe. Karuna betreibt auch mehrere »Cooling-Busse«, in denen sich Menschen aufhalten und vom Hitzestress erholen können.

»Das Leben auf der Straße bietet wenig Möglichkeit zur Abkühlung und birgt das ständige Risiko der Dehydrierung«, erläutert der Sprecher von Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke), Stefan Strauß. »Im Sommer gibt es weniger Rückzugsorte und kaum Zugang zu gekühlten Räumen.« Daher fördere die Senatssozialverwaltung seit 2020 Projekte der Hitzehilfe für auf der Straße lebende Menschen.

Auch für Menschen, die berufsbedingt viel auf asphaltierten Straßen unterwegs sind, ist die Hitze eine Belastung. So twitterte das Arbeiter*innenkollektiv des Essen-Lieferdienstes Lieferando: »Wir fahren Acht-Stunden-Schichten in der prallen Sonne, zwischendurch Treppen hoch- und runterrennen, die ganze Zeit im Stress durch Vorgesetzte, Bonussystem und die Angst, gekündigt zu werden. Das ist gefährlich!« Die Fahrradkurier*innen fordern, dass der Betrieb bei den hohen Temperaturen eingestellt wird.

Dazu teilte Nora Walraph von Lieferando mit: »Gesundheit hat Priorität. Die meisten Kolleg*innen arbeiten erst abends, und sie können häufiger pausieren. In unseren Hubs stellen wir ihnen Wasser und Trinkflaschen bereit, und bei Bedenken können sie sich bei ihrem Vorgesetzten melden. Auch unsere Restaurantpartner bitten wir um die Ausgabe von Wasser.« Außerdem umfasse die Ausstattung auch luftige Sommerkleidung und Sonnencreme. Mit dpa

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