Papierform reicht nicht

Martin Ling über das Recht auf eine saubere Umwelt

Es ist ein Fortschritt auf dem Papier mehr: Nach dem Recht auf Ernährung 1976 und dem Recht auf Wasser 2010 hat die UN-Vollversammlung nun auch das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als eigenständiges Menschenrecht anerkannt. Formal ist das durchaus ein historischer Meilenstein, wie der UN-Generalsekretär António Guterres anmerkte. Die Frage ist – und das lehren die Erfahrungen aus den genannten anderen festgeschriebenen Menschenrechten –, ob diese nicht rechtsverbindlichen Entschließungen real als Hebel eingesetzt werden.

Seit 1976 ratifizierten 162 Staaten den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Dort ist das Menschenrecht auf Nahrung verankert; es spricht auch den Kleinbauern das Recht auf produktive Ressourcen und eine Umwelt zu, die es ihnen erlaubt, sich selbst in Würde zu ernähren. Trotzdem hungern derzeit bis zu 828 Millionen Menschen – 80 Prozent davon leben auf dem Land. Und das, obwohl global genug Nahrung für alle produziert wird. Doch die ist extrem ungleich verteilt und die Armen können sie sich schlicht nicht leisten.

Beim Wasser sieht es real nicht besser aus: Rund 2,2 Milliarden Menschen weltweit haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser, wurde zum Weltwassertag 2022 verkündet. Etwa 785 Millionen Menschen haben noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser.

Es ist ein Fortschritt, dass das Recht auf eine saubere Umwelt nun unverbindlich verankert ist. Doch nur, wenn es als Hebel für verbindliche Politik und verbindliche Gesetze in den UN-Mitgliedsländern genutzt wird, entsteht daraus reale Verbesserung. Und nur dann kann die von Guterres beschriebene dreifache planetare Krise von Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt und Umweltverschmutzung eingegrenzt werden.

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