Druck vom Kessel

Peter Steiniger zum »Corona-Ende« in Österreich und Frankreich

Ein Ende ist in Sicht: Österreich streicht die Quarantäne für positiv auf Corona getestete Menschen ohne Symptome. An ihre Stelle treten für sie Regeln, die man als gesunde Vorsicht bezeichnen kann, aber deren Einhaltung kaum zu überprüfen ist. Und Frankreich beendet tatsächlich ab sofort alle Corona-Maßnahmen. Dort setzt man nun – angesichts von Omikron billig zu haben – auf Verantwortungsbewusstsein statt auf Vorschriften. Eine Rückkehr zur Nonchalance vor Covid muss das nicht bedeuten. Was nach endlich rationaler und realistischer Politik aufgrund der ausklingenden Gesundheitskrise aussieht, sind vor allem politische Manöver. Angesichts des ohnehin gereizten gesellschaftlichen Klimas mit der Verteuerung von Lebensmitteln und Energie und weiterer Zumutungen, die auf die Bevölkerungen zukommen, wollen Paris und Wien etwas Druck vom Kessel nehmen. Und es gilt wieder ganz die alte Priorität, dass der Mensch der Wirtschaft dient und lebt, um zu arbeiten. Jüngst erprobte autoritäre Politikmuster bleiben ja reaktivierbar.

Präsident Macron, der die Franzosen während der Pandemie mit Kriegsrhetorik ängstigte, rüstet bereits zum Kampf an anderen als an der »Corona-Front«. Und nicht nur in Frankreich hat die Lebenswirklichkeit die Vorgaben der Pandemie-Regelwerke längst überholt. Soziale, wirtschaftliche und kulturelle Kollateralschäden sowie politischer Dilettantismus, wie ihn Österreichs geplatzte Impflotterie beispielhaft verkörpert, haben die Akzeptanz für endlose Corona-Maßnahmen geschwächt – mit irrationalen Auswüchsen. Aus der Giftküche des Netzes schwappen Hass und Hetze. Wohin das führen kann, verdeutlicht der Fall der Ärztin Kellermayr aus Oberösterreich, die sich nach Drohungen das Leben nahm.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal