Gut in der Gosse

In unserem monatlichen Rätsel »Streckbrief« suchen wir eine Frau der Zeitgeschichte

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 3 Min.

»Sie war einfach ein schlichtes, normales Mädchen. Sehr sanftmütig, voller Frohsinn. Hatte an allem, was passierte, ihren Spaß.« So beschrieb die Ordensschwester Marie-Thérèse Breen die heute Gesuchte.

Geboren wurde sie im Osmanischen Reich, dort wo heute Nordmazedonien liegt. Sie wuchs in einer reichen albanischen Familie auf, ihr Vater war Kaufmann. Sie besuchte eine Mädchenschule. Würde hier ihr offizieller Name verraten, es würde den wenigsten etwas nützen, da sie unter einem anderen berühmt wurde. Wofür? Sie war sehr religiös und hilfsbereit. Schon mit 18 Jahren beschloss sie, Ordensfrau zu werden und bewarb sich für eine Ausbildung bei den Loretoschwestern. Ihr Noviziat legte sie in einer Stadt ab, nach der ein schwarzer Tee benannt ist. Der Name, den sie für sich wählte, geht zurück auf eine französische unbeschuhte Karmelitin. Sie ging nach Asien und war zunächst als Lehrerin tätig. Sie beobachtete viel Leid, das berührte sie. 1946 guckte sie auf ein Kreuz und sah Jesus. Der befahl ihr, sich um die Armen zu kümmern, aber das erlaubte ihr Apostolat nicht. Sie wartete. Erst zwei Jahre später wurde sie exklaustriert und konnte die klösterliche Klausur verlassen.

In einem Krankenhaus absolvierte sie ein Praktikum. Dann begann sie, auch Kranke und Sterbende auf den Straßen zu versorgen. Immer mehr Nonnen schlossen sich ihr an. Sie richtete Schulen ein, eröffnete Waisenhäuser, eine Lepra-Kolonie, eine Tuberkuloseklinik und ein Heim für alleinerziehende Mütter. 1965 erweiterte sie ihr Unternehmen ins Ausland, 1979 erhielt sie den Friedensnobelpreis. In ihrer Dankesrede, die auf der ganzen Linie als frauenfeindlich bezeichnet werden kann, hetzte sie auf ekelhafteste Art und Weise gegen das Recht auf Abtreibung: »Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen, ungeborenen Kindes. Wenn eine Mutter ihr eigenes Kind in ihrem eigenen Schoß ermorden kann, was für ein schlimmeres Verbrechen gibt es dann noch, als wenn wir uns gegenseitig umbringen? … Aber heute werden Millionen ungeborener Kinder getötet, und wir sagen nichts …«

Der Preis für das aktuelle Rätsel:

Die fitten Jahre sind vorbei. Uns doch egal! 128 S., Eulenspiegel Verlag.

Einsendeschluss ist der 16. September 2022
Der Preis für das aktuelle Rätsel: Die fitten Jahre sind vorbei. Uns doch egal! 128 S., Eulenspiegel Verlag. Einsendeschluss ist der 16. September 2022

Und es gab noch mehr Kritik: So seien die Zustände in ihren Häusern so unhygienisch gewesen, dass Menschen gestorben seien, die hätten überleben können. Darüber hinaus soll sie Spenden aus dubiosen Quellen angenommen haben. Zudem sei es nicht ihre Motivation gewesen, Menschen zu helfen, sondern vielmehr diese vom katholischen Glauben zu überzeugen. Und das, wo sie, wie ihre Tagebuchnotizen offenbaren, wohl selbst jahrelang in einer Glaubenskrise war: »Die Seelen ziehen mich nicht mehr an – der Himmel bedeutet nichts mehr.« Am 26. August wäre sie 112 Jahre alt geworden, doch sie starb am 5. September 1997.

Wer wars? Antworten an: nd.Die Woche, Steckbrief, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin oder an: steckbrief@nd-online.de

LÖSUNG #288

Bei unserem letzten Steckbrief im Juli fragten wir nach der deutschen Politikerin und Antikriegsaktivistin Clara Zetkin.

Gewonnen haben:

  • Dietlinde Seidlitz, Bad Sulza
  • Hans Bomke, Schwerin
  • Nina Kraft, Gera

Der Preis für das aktuelle Rätsel:

Die fitten Jahre sind vorbei. Uns doch egal!
128 S., Eulenspiegel Verlag.

Einsendeschluss ist der 16. September 2022

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