- Kommentare
- Klimaprotest in Museen
Untaugliche Mittel
Jana Frielinghaus über das Kapern von Kunst als Klimaaktivismus
Ihre Waffe ist Sekundenkleber, ihr Anliegen höchst berechtigt: Junge Menschen, die sich in der Gruppe »Aufstand der letzten Generation« engagieren, protestieren seit Monaten mit Aufsehen erregenden Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen das Nichtstun der Verantwortlichen in puncto Eindämmung der Klimakrise. Vor allem mit Straßenblockaden, bei denen sie sich auf dem Boden festkleben. In den letzten Tagen haben sie nun renommierte Gemäldegalerien als Orte ihrer Kassandrarufe auserkoren und ihre Hände an bedeutenden Kunstwerken fixiert.
Tatsächlich: Die Katastrophe hat längst begonnen und ist nur noch abzumildern. Und doch betreiben auch Grünen-Politiker ein Weiter-so in der Energiepolitik. Zudem hat die Ampel-Koalition Deutschland zur Partei im Krieg gegen Aggressor Russland gemacht. Mit ihrem Aufrüstungsprogramm verhilft sie dem globalen militärisch-industriellen Komplex zu beispiellosen Profiten.
Gerade diese besonders klimazerstörerische Entwicklung kommt in den Statements der »letzten Generation« kaum vor. Vielleicht liegt es daran, dass Rüstungsindustrie und Armeen in den üblichen Auflistungen der größten Treibhausgasemittenten nicht aufgeführt sind? Doch auch angesichts der offiziellen Rankings verwundert es, dass die Aktiven jetzt Weltkulturerbe-Objekte beschädigen, statt den Protest, wenn schon nicht in die Zentralen von Waffenschmieden, so doch häufiger in jene der Banken und Stromkonzerne oder etwa der Deutschen Bahn zu tragen. Denn die von der Politik geförderte neoliberale Ausrichtung des Staatskonzerns hat zu Personalabbau und Schleifung von Zugverbindungen in riesigem Ausmaß geführt. Das bremst die so nötige schnelle Mobilitätswende aus. Würden die Aktivist*innen dergleichen stärker in den Mittelpunkt ihrer Aktionen stellen, hätte ihr Respekt gebietender hoher persönlicher Einsatz weit mehr Aussicht auf Erfolg.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.